Wie hilft man Menschen im schlimmsten Moment ihres Lebens? Notfallseelsorger Albi Roebke und Lisa Harmann im Gespräch
Shownotes
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Transkript anzeigen
00:00:00: Wir müssen darüber schon sprechen und wir wollen, wenn wir so eine Scheiße erleben, Entschuldigung für das Wort, aber wenn wir so eine Scheiße erleben, dass wir das nicht dann alleine durchmachen müssen und dass uns jemand Dinge erklärt.
00:00:11: Viele Leute, die wir begleiten, haben das zwar von der Polizei gehört, was passiert ist, können sich das aber gar nicht merken und brauchen das einfach noch mal.
00:00:18: Kannst du mir das noch mal sagen?
00:00:20: Was genau ist denn, also dass wir so eine Sicherheit kriegen?
00:00:29: Talk mit Kar,
00:00:31: mit Anne Burdmer.
00:00:36: Hallo bei Talk mit K, dem Talk-Podcast des Kölner Stadtanzeiger, der ein einfaches Prinzip hat.
00:00:41: Wir unterhalten uns mit spannenden Menschen aus Köln und manchmal auch aus dem Umland, nämlich aus dem Bergischen Land und aus Bonn.
00:00:48: Freuen wir uns sehr.
00:00:50: Und ich möchte mit meinen heutigen Gästen über ein Thema sprechen, bei dem oft eine ganz große Sprachlosigkeit herrscht.
00:00:55: Das geht nämlich um Trauer und um die Frage, wie man mit Schicksalsschlägen umgeht.
00:00:59: Und dafür habe ich mir zwei echte Experten eingeladen.
00:01:02: die Menschen in genau diesen Momenten des Lebens begleiten.
00:01:06: Zum einen den evangelischen Pfarrer und Notfallseelsorger Albi Röbke, der die Notfallseelsorge im Bonn-Rhein-Sieg koordiniert.
00:01:12: Und die Journalistin Lisa Hammann, die auch als Notfallseelsorgerin und Trauerbegleiterin arbeitet.
00:01:18: Und sie hat Albi's Geschichte in dem gerade bei Fischer erschienen Buch und plötzlich ist nichts mehr, wie es war, aufgeschrieben.
00:01:23: Ich sage herzlich willkommen, ihr beiden.
00:01:25: Hallo.
00:01:26: Danke.
00:01:26: Schön, dass ihr da seid.
00:01:27: Ich will noch einen Hinweis vorab geben.
00:01:30: Wir werden natürlich in diesem Podcast über Tod, über Verlust, auch über Brechen sprechen.
00:01:35: Und wenn Sie das zu sehr belastet, dann hören Sie den Podcast auch vielleicht mit jemandem zusammen oder hören Sie eine andere Folge.
00:01:42: Ich werde da auf jeden Fall auch in den Show Notes Telefonnummern hinterlegen, bei denen man Hilfe finden kann.
00:01:48: Ich möchte zum Einstieg fragen.
00:01:51: Wie ist es denn eigentlich zu diesem Buchprojekt gekommen?
00:01:54: Das kann man übrigens jetzt sagen, auf der Spiegelbesteller-Liste eingestiegen ist.
00:01:58: Auf Platz neunzehn werden wir hier sprechen und mal schauen, wie sich es noch entwickelt.
00:02:02: Also wir sehen, es gibt Bedarf für das Thema, also wie seid ihr beiden zueinander gekommen?
00:02:07: und wie habt ihr dann vor allem gesagt, da müssen wir jetzt mal ein
00:02:10: Buch machen.
00:02:12: Ja, das ist aus einer kleinen Anekdote entstanden.
00:02:16: Ich habe Albi auf einem Podium sprechen gehört, das hatte mein Mann moderiert und dann haben wir danach kurz miteinander geredet und er hat erfahren, dass ich als Familientrauerbegleiterin auch arbeite und hat mich quasi direkt in die Tasche eingesackt und gesagt, du kommst mal schön in die Notfallseelsorge, Ausbildung, da war ich erst ein bisschen skeptisch, weil ich dachte an Nachtdienste und ich fahre mit Feuerwehr und Polizei raus und so weiter.
00:02:38: und dann hat er gesagt, Nee, nee, also schon so jeder, wie er oder sie kann oder mag.
00:02:44: Aber wir brauchen auch Leute, die mitten im Leben stehen.
00:02:46: Wir brauchen einfach ganz unterschiedliche Menschen, die Menschen in extremen Situationen begleiten können.
00:02:52: Und dann bin ich zu ihm in die Ausbildung und hab da gemerkt ... dass ich acht Stunden am Stück gespannt zuhören kann und so viele Aha-Momente mitnehme und so viel über das Leben lernen, nicht über den Tod, über das Leben und über das Überleben und wie man so was schaffen kann, dass ich dachte, warum gibt es denn dazu kein Buch?
00:03:16: Und dann hat Albi gesagt, naja, weil ich nie irgendwas aufschreibe.
00:03:24: Er hält auch seine Predigten ohne Text.
00:03:27: Genau.
00:03:28: Und dann habe ich gesagt, naja, dann könnten wir uns ja im Notfall zusammen tun und das gemeinsam auf die Beine stellen.
00:03:33: Und er hielt es erst für ein Witz.
00:03:36: Und dann habe ich gesagt, naja, ich habe jetzt das Exposee stehen und der Verlag hat gesagt, dass er doch großes Interesse hat, falls einfach überhaupt noch nichts auf dem Markt gibt, was an Erfahrungsberichte von Notfallseelsorgern sich damit irgendwie beschäftigt.
00:03:48: und so ist es dann gekommen.
00:03:51: Und da hast du sofort gedacht, ja, da ist großer Bedarf oder hast du irgendwie gedacht, wer wird das lesen bei so einem schwierigen Thema, mit dem sich eben viel ja nicht auseinandersetzen wollen?
00:04:03: Nee, für mich ist das ... Wo ich mich erstmal dran gewöhnen musste, ist zu sagen, in neunundneunzig, neun Prozent aller Fälle arbeiten wir in der vollen Verschwiegenheit.
00:04:12: Also, wir haben das Bleichtgeheimnis, das soll auch niemand erfahren.
00:04:16: Was mir aber schon sozusagen immer auf der Seele war, dass es einzelne Fälle gibt.
00:04:21: Und wir reden jetzt von Null, Prozent, wo Menschen eine Botschaft haben an die Öffentlichkeit, aber selbstverständlich selber.
00:04:28: Ihr Gesicht, nachdem Ihnen was passiert ist, ist nicht noch zusätzlich in die Öffentlichkeit halten wollen mit Ihrer Botschaft.
00:04:33: Das war so ein bisschen wie in der Schublade.
00:04:35: Ja, neunundneunzig Prozent, neun Prozent gibt es gar kein Buch, weil die Leute das selbstverständlich nicht wollen und alle Rechte darauf haben, dass nichts in die Öffentlichkeit dringt.
00:04:44: Aber was mache ich eigentlich?
00:04:45: Ich war ein übrig geblieben mit den Nullkommer eins Prozent der Fälle, die sagen, ich habe eine öffentliche Botschaft, aber nachdem ich das erlebt habe, will ich nicht als Person irgendwo in der Öffentlichkeit stehen.
00:04:54: Ja, und auf die Schublade ist Lisa dann getreten.
00:05:00: Dann hab ich mir gedacht, nee, es stimmt, ich hab ja noch mehrere Leute, die eine Botschaft haben.
00:05:04: Und es gibt tatsächlich noch gar kein Buch über die Notfallseelsorge, die das darstellt, obwohl es uns diese Systeme jetzt seit von zwanzig Jahren gibt.
00:05:12: Naja, und dann kommt noch dazu, dass ich am Anfang nicht so ganz ernst genommen hab.
00:05:16: Und dann war das auf einmal da.
00:05:19: Genau, das müssen wir aber auf jeden Fall auch noch mal sagen, weil ihr auch Fälle schildert in diesem Buch.
00:05:22: Und du hast das grad schon gesagt.
00:05:24: Natürlich ist das abgesprochen mit den Menschen, deren Fälle da geschildert werden.
00:05:28: Die möchten, dass die haben eine Botschaft.
00:05:30: Und natürlich ist es eben auch so, dass normalerweise alles, was Menschen euch erzählen, in diesen Phasen unter euch bleibt.
00:05:36: Das wollen wir nur noch einmal einmal festhalten.
00:05:38: Nicht, dass jetzt irgendwer denkt.
00:05:40: wenn ich mal in die Situation komme, dann finde ich das irgendwann in einem Buch.
00:05:43: Niemals.
00:05:44: Niemals.
00:05:44: Nein, wir haben uns auch wirklich mit ihnen dann nochmal zusammen an einen Tisch gesetzt.
00:05:48: Also es war nicht nur, hier ist der Text und du darfst es abnehmen, sondern wir haben wirklich zusammengesessen.
00:05:53: Das war eine superspannende Arbeit.
00:05:54: natürlich, um zu gucken, wie geht es ihnen nach Jahren?
00:05:58: Wer hat welche Mechanismen gefunden, um mit der Katastrophe umzugehen?
00:06:02: Und was können wir daraus mitnehmen?
00:06:04: Also es ist ja nicht nur, dass es uns lehrt, wie wir durch Schicksalsschläge kommen, sondern ich verstehe zum Beispiel, auch warum ich aufgeregt bin, wenn ich auf eine Bühne gehe, weil mein Körper einfach Fluchtreflexe freisetzt und Ballast loswerden will.
00:06:15: Deswegen renne ich die ganze Zeit auf Toilette.
00:06:17: oder wir erklären auch zum Beispiel Liebeskummer.
00:06:20: Wir können es auch für die ganz etwas kleineren Krisen im Leben sehr, sehr gut nutzen.
00:06:25: Albi, du hast in einem Interview gesagt jetzt zu dem Buch, das Ziel der Notfallseelsorge sei Traumaprävention.
00:06:31: Da habe ich mich gefragt, das ist ja zumindest das ist mein Eindruck, dass wir heute viel eher davon sprechen oder das war eine traumatische Erfahrung oder davon habe ich ein Trauma.
00:06:40: Findet ihr das gut, weil sozusagen man häufiger über solche Momente im Leben spricht?
00:06:46: oder ist das schwierig, weil dieser Begriff entwertet wird, weil man vielleicht für irgendwelche Alltagssituationen sagt ja, das war aber wirklich traumatisch.
00:06:56: Du hast beide Punkte schon angesprochen, wenn ich überlege, also Notfallseelsorge ist flächenteckend, für mal zwanzig Jahre alt.
00:07:02: Und davor war Trauma so ein ganz kleiner Begriff, den wir Fachleute kennen, eigentlich in der Militärpsychologie.
00:07:10: Da sprach man von traumatisierten Soldaten.
00:07:14: Gott sei Dank ist der Begriff aus dem Nischen da sein raus, weil es natürlich kritische Momente nicht nur Soldaten betrifft, die natürlich auch und klar als erstes und da hat man es auch als erstes wissenschaftlich aufgearbeitet.
00:07:24: Aber es betrifft natürlich alle Menschen, die ein kritisches Ereignis erleben.
00:07:27: Und dann hat es einen Pendelschlag gegeben, genau wie du gesagt hast.
00:07:31: So, jetzt ist Trauma in aller Wunde und mein Sohn, wenn er nicht für Mathe gelernt hat und ne Fünf gekriegt hat, dann sagt er, ich bin total traumatisiert.
00:07:39: Und das ist natürlich auch wieder eine Quatsch.
00:07:41: Deswegen habe ich so ein ambivalentes Gefühl, ich bin eigentlich dankbar, dass es allgemeines Thema ist.
00:07:46: Jetzt muss man nur noch mal nachbesser und zu sein, wovon reden wir denn überhaupt, wenn wir und jetzt muss man wirklich mit dem Begriffen vorsichtig sein, wovon reden wir von Psychotrauma, wann reden wir von traumatischen Stress und wann reden wir von einem schlimmen Ereignis, was mit beiden gar nichts zu tun hat.
00:08:01: Lisa siehst du ähnlich, du hast ihm schon genickt.
00:08:04: Ja, der Begriff wird inflationär.
00:08:06: Wenn es auch meinen Sohn der siebzehn ist, hat das gestern erzählt, dass er mal bei einer Einschlafbegleitung irgendwo vom Gladbeck-Drama was mitbekommen hat in einer Doku, die wir scheinbar hinter seinem Rücken geguckt haben und dass ich das traumatisiert habe.
00:08:21: Da gehe ich dann natürlich ins Gespräch und sage, nee, das mag für dich total bezeichnet gewesen sein und da denkst du noch heute daran, aber das war natürlich kein Trauma.
00:08:31: im medizinischen Sinne.
00:08:33: Dann lass uns doch vielleicht einmal kurz abklären, was ist denn eigentlich wirklich ein Trauma und was ist eben vielleicht, da war ich mal ein bisschen geschockt oder da habe ich meine fünf in Mathe geschrieben.
00:08:42: Also ich würde erst mal anfangen tatsächlich mit traumatischem Stress.
00:08:46: Also wenn ich plötzlich in eine Situation gerate, die für mein physisches Überleben oder für meine Lebensumstände gefährlich sind, dann kriegen alle Menschen traumatischen Stress, dann haben alle Menschen Stressreaktionen.
00:08:59: Und da muss nichts Schlimmes passiert sein.
00:09:01: Das ist schon mal der erste wichtige Punkt.
00:09:03: Also ein beinahe Unfall, löst traumatischen Stress aus.
00:09:05: Also selbst wenn es nachher Stoßstange war und die Feuerwehr sagt, ist doch gar nichts, habe ich von kurzem Moment gedacht, ich habe keine Kontrolle und das kann jetzt lebensgefährlich sein.
00:09:14: Das finde ich schon mal, das ist nämlich der erste Punkt, den man nicht versteht.
00:09:18: Trauma entsteht nicht von der Bewertung der Schlimme des Ereignisses, sondern von der Ohnmacht, die ich in der Situation erlebt habe.
00:09:25: Im Psychotrauma im... pathologisch-medizinischen Sinne kann ich frühestens ein halbes Jahr nach dem Ereignis feststellen und ohne jetzt psychologische Richtigkeitsüberanspruch.
00:09:34: Und so grob bezeichnet sich davon aus, dass ich ein halbes Jahr später nach dem kritischen Ereignis durch irgendwelche Anlässe, die ich nicht steuern und nicht vermeiden kann, sozusagen von null auf hundert emotional in die Situation zurückgekoppelt katapultiert werden und zwar ohne das Verhindern, Steuern oder ablenken zu können.
00:09:52: Das wäre so ganz grob und holznetartig psychotrauma.
00:09:55: Und ich habe auch im Buch entnommen, dass man auch relativ gute Zahlen darüber hat, wie viele Menschen nach einer Katastrophe, nach einer Katastrophenmeldung ein Trauma erleiden.
00:10:04: Ja,
00:10:05: also das sind die Zahlen, die eben tatsächlich sich eigentlich seit hundert Jahren, jetzt nämlich so die Forschungsanfänger aus dem ersten Weltkrieg tatsächlich mit auf, dass eigentlich immer wieder grob dieselben Zahlen kommen, dass alle Menschen traumatischen Stress haben, wenn sie eine plötzliche lebensbedrohliche Situation erleben, aber nur jeder dritte Person tatsächlich einen Psychotrauma im pathologischen Sinne erleidet.
00:10:29: Das heißt, zwei von drei Personen ohne irgendeine Art von Hilfe haben traumatischen Stress, haben mit der Situation eventuell zu kämpfen.
00:10:36: Trauern vielleicht, aber haben kein Psychotrauma im pathologischen Sinn.
00:10:41: Da ist es nämlich schon mal wichtig zu sagen, das ist die Unkehrung, wir haben das in der Flut erlebt.
00:10:45: Da hat man allen Leuten gesagt, ihr habt jetzt einen Trauma.
00:10:48: Und das ist einfach schon mal wissenschaftlich falsch, weil zwei von drei haben es nicht.
00:10:51: Bleiben genug übrig.
00:10:53: Also das ist schwierig genug.
00:10:54: Aber diese Botschaft, ich darf auch durch eine kritische Situation um mich darf helftig reagieren.
00:10:59: Aber ich werde nicht unbedingt einen Psychotrauma kriegen.
00:11:02: So geil von der Wahrscheinlichkeit eher nicht.
00:11:05: Denn von dem Drittel, von dem du jetzt sprichst, wo die Gefahr besteht, dass ein Trauma kommen könnte.
00:11:11: wird auch nur ein Drittel tatsächlich ein Trauma erleben, wenn sie gute Begleitung haben.
00:11:16: Deswegen ist Notfallseelsorge eben auch so wichtig, dass man wirklich auch an dem Tag, an dem es passiert und kurz nach der Situation, die ich erlebt habe, eine gute Betreuung hat und eine gute Begleitung, um gar nicht in dieses Trauma rein zu rutschen.
00:11:31: Genau, das habe ich auch gelernt.
00:11:33: liegt auch, finde ich, nah, aber er schreibt das ja deutlich.
00:11:35: Die ersten achtundvierzig Stunden sind wichtig und eigentlich sogar die Zeit, bevor man zum ersten Mal wieder schläft.
00:11:41: Warum ist das genau so wahnsinnig entscheidend?
00:11:46: Also das Grundlegende beim traumatischen Stress ist die Erfahrung von Unmacht.
00:11:51: Und ich habe relativ gute Chancen, durch ganz basale Sachen die Menschen wieder unter Kontrolle zu bringen, dass sie irgendetwas wieder in der Hand haben.
00:11:59: Wenn ich sozusagen jetzt wieder sehr holtschnittartig, aber wenn ich morgens was ganz kritisches Lebensgefährliches erlebe und dann vor dem ersten Schlafengehen einfach gemerkt habe, okay, ich kann aber bestimmen, ob ich allein sein will oder nicht.
00:12:10: Ich kann bestimmen, ob ich etwas essen will oder nicht.
00:12:14: Dann schlafe ich nicht mit dem totalen Gefühl von Kontrollverlust ein, sondern mit drei Erfahrungen von Minimaler und von außen betrachtet lächerlicher Kontrolle gegenüber das, was passiert ist.
00:12:25: Aber ich habe wieder der Seele etwas Heilfleisch draufziehen können, im Sinne von, ich habe nicht alles unter Kontrolle, sondern es gibt bestimmte Dinge.
00:12:34: Wenn es innerhalb der ersten, achten, vierzig Stunden, eigentlich vierundzwanzig Stunden, das wird immens und wesentlich für die Entwicklung, genau wie Lisa sagt.
00:12:41: Vierzig Prozent kriegen trotz unserer Einsätze dann noch ein Trauma von diesem Drittel, aber eben sechzig Prozent nicht.
00:12:47: Ihr habt das, macht das sehr schön deutlich an verschiedenen Beispielen, aber an einem da geht es um eine junge Frau und dann geht es um die Frage auch nach einer schlimmen Todesnachricht, ob sie was essen möchte.
00:13:00: und dann ist eben die Frage, dann möchte sie eine Pizza essen und dann geht es darum, dass sie jetzt unbedingt aussuchen soll, was auf dieser Pizza ist, auch wenn sie die vielleicht hinterher gar nicht ist, weil sie dann doch nichts essen kann.
00:13:10: Und ich glaube, dass wahrscheinlich viele Menschen in so einer Situation eher das Gefühl haben, ich muss der anderen Person jetzt alles abnehmen.
00:13:15: Also die ist ja jetzt in einer so schwachen Position.
00:13:20: Jetzt soll die nicht auch noch irgendwie so banales Zeug entscheiden müssen.
00:13:23: Warum ist jetzt diese Pizza?
00:13:24: Ich fand so ein schönes Beispiel.
00:13:25: Warum ist die, warum ist das, du hast es grad schon gesagt, aber kannst du es nochmal ein bisschen erklären?
00:13:33: Also wir haben im Lehrbuch den Satz schonen ist Schaden.
00:13:36: Weil es geht eben, es geht um die Erfahrung von Ohnmacht und die Rückgewähnung von Kontrolle.
00:13:41: Und deswegen ist jede kleine Entscheidung, die dann eintrifft, das muss man dazu sagen, immens wichtig, weil sie wieder Kontrolle vermittelt.
00:13:51: Und da geht es gar nicht darum, dass es jetzt große Dinge sind, aber ich darf auf keinen Fall entlasten, weil ich nehme den Leuten die Entscheidung.
00:13:57: Also ich sage mal ein ganz typisches Beispiel, wenn ein Elternteil verunfallt ist, dann kommt oft so die Schonung, Schule ist ja normalerweise für Kinder doof, du musst morgen nicht in die Schule.
00:14:06: Das ist schon eine fatane Entscheidung, weil man fragen kann, möchtest du in die Schule oder morgen nicht?
00:14:13: Und je kleiner die Kinder sind, desto mehr wollen die in die Schule.
00:14:15: Das ist nur damit, wo die Leute drauf vorbereiten.
00:14:18: Und selbst wenn das Kind nicht will, dann hat es eine Entscheidung getroffen und ist nicht... Auch schonen ist eine positive Form von Ohnmacht, aber es ist wieder eine Ohnmacht und dann bleibe ich in der Ohnmacht stecken.
00:14:28: Und deswegen ist schonen halt Schaden.
00:14:31: Und die Leute, gerade Kinder, haben eine intuitive Richtigkeit, wenn die was nicht wollen, sagen die Nein.
00:14:36: Also ich kann mich darauf verlassen, dass Kinder sich selber schützen können.
00:14:39: Ich bin als Erwachsener eventuell schutzlos, um zu übertragen das.
00:14:42: Ich nehme damit aber den Kindern eventuell das Handwerkszeug, bessere Karten zu haben, um keinen Traum mehr zu kriegen.
00:14:49: Und wie erlebst du das?
00:14:51: Du machst das jetzt ja auch die Notfallseelsorge, Lisa.
00:14:54: Wie ist das?
00:14:55: Also ist das schwierig dann, in den Momenten eben genau das nicht zu tun, Leuten alles abnehmen zu wollen, sondern eben ganz gezielt zu sagen, ich gebe dir die Chancen, wie Albi das gerade beschrieben hat, das, das und das zu entscheiden?
00:15:07: Dafür sind wir echt gut ausgebildet worden, muss ich sagen.
00:15:13: Also meine erste Todesnachricht Begleitung war bei einem elfjährigen Mädchen, dass ich schon vor dem Tod des Vaters begleitet habe, weil es eine palliative Diagnose gab.
00:15:24: Das ist so der Idealfall.
00:15:26: Das Jugendamt hatte mich dann schon informiert und vorher Vertrauen aufbauen lassen, sodass ich dabei sein konnte.
00:15:32: Und in dem Fall war es so, dass die Mutter dann die Todesnachricht überbracht hat, weil das ganz wichtig ist, dass das entweder eine Vertrauensperson macht oder jemand anders als ich, die dann nachher für sie da sein soll, weil meine Stimme verbrennen könnte.
00:15:46: Und dann hat die Mutter ihr das gesagt und es war eine... sehr rührende Szene, die haben sich umarmt und geweint und sie ist dann in ihr Zimmer gelaufen, hat gefragt, darf ich kurz meine Kusine anrufen.
00:15:54: Und es dufte sie und dann kam sie wieder und wollte mir auf ihrem iPad das letzte Foto von sich und dem Papa zeigen und das hat sie gemacht und dann hat sie auf einen Streamingdienst gedrückt und Ballermann jetzt angemacht.
00:16:06: Und dieses Helikopter, eins, eins, sieh, bin, mach mal, hup, hup.
00:16:10: So, und dann hat sie angefangen zu tanzen.
00:16:12: Und ich saß dabei und die Mutter guckte mich an mit großen Augen und fragte sich, ist mein Kind verrückt geworden?
00:16:22: Die hat gerade erfahren, dass ihr Vater gestorben ist.
00:16:24: Und ich hab gesagt, das ist das Beste, was uns passieren kann.
00:16:26: Jetzt gerade, weil jetzt werden diese ganzen Fluchtreflexe freigesetzt.
00:16:29: Sie könnte uns jetzt auch die Wohnung auseinanderhauen.
00:16:33: Und dann ist es schöner, wenn sie jetzt einfach ins Tanzen geht und diese ganze Energie einmal freilässt.
00:16:38: Und dann wird sie müde sein und dann darf sie danach entscheiden, was sie essen will.
00:16:41: Und dann geht man natürlich mit einem viel schöneren Gefühl raus, weil ich glaube schon, dass wenn ich da nicht dabei gesessen hätte, die Mutter gesagt hätte, du machst jetzt mal schön die Musik aus, das hilft uns hier jetzt allen nicht.
00:16:51: Und dann hätte sich vielleicht was festgesetzt bei ihr.
00:16:54: Und vielleicht auch noch mal zu einem anderen Beispiel.
00:16:59: Vielleicht einem typischeren Beispiel.
00:17:02: Wenn die Rettungssanitäter im häuslichen Umfeld eine unklare Todesursache angeben, kommt immer die Polizei ins Haus und da war ich zum Beispiel auch bei einer Familie, bei der dann der Verstorbenen Person sagte, die haben mich gerade wie einen Verdächtigen behandelt und die haben mich befragt, als hätte ich was mit diesem Tod zu tun.
00:17:21: den Leuten dann zu sagen, da zu sein und einfach Psycho-Idequation zu leisten und denen zu erklären, nee, das ist ganz normal, das machen die, um zu zeigen, dass niemand schuldig ist an diesem Tod.
00:17:31: Also, dass wir das umkehren.
00:17:33: Und der wäre mit einem anderen Gefühl abends ins Bett gegangen, nämlich mit einem Gefühl der Wut statt der Trauer.
00:17:38: Und das zu erklären, das ist normal.
00:17:39: Und ich bin aber jetzt da und ich kann zuhören.
00:17:42: Und bei mir kann man das jetzt alles rauslassen, war bei ihm ganz entscheidend, um dann nicht mit diesem Rollen ins Bett zu gehen, um nochmal zu gucken, warum dieser erste Tag auch so wichtig sein kann.
00:17:52: Ist denn die erste Entscheidung, die ihr den Leuten überlasst, ob sie überhaupt wollen, dass ihr da seid und dass ihr helft?
00:17:57: Und wie geht ihr damit um, wenn dann jemand sagt, nee, sorry, aber ich brauche das nicht.
00:18:01: Ich will das nicht, was auch immer.
00:18:02: Ich kenne dich nicht.
00:18:04: So eine Ausbildung ist das tatsächlich mein Lieblingsbeispiel für einen gelungenen Einsatz.
00:18:09: Also du musst ja auch mal vorstellen, was passiert beim plötzlichen Tod, im häuslichen Umfeld heißt das im Lehrbuch.
00:18:16: Also meine Frau stirbt an einem Herzenfakt, da hab ich ja erstmal einen Schock, dann rufe ich die eins, eins, zwei, dann kommen zwei Notfallsanitäter, also Notfallsanitäterinnen.
00:18:25: die holen den Notarzt dazu, der kommt plus Fahrer, Fahrerin, Notarzt, Notärztin.
00:18:29: Da hab ich schon vier Personen in meiner Wohnung stehen.
00:18:30: Dann stellen die den Tod fest, ich hab noch mehr Stress, dann kommen zwei uniformierte Beamte.
00:18:35: Das kann ich mir alles nicht aussuchen, das passiert, das läuft ab.
00:18:39: Die sichern den Tatort, das ist ein Wort, was ich dann in der Situation auch gar nicht zuordnen kann, und dann kommt die Kriminalpolizei und die bestellen den Polizeibestatter.
00:18:47: Also ich hab elf, nee.
00:18:49: muss ich jetzt durchzählen, acht, neun Personen.
00:18:51: Und ich kann mir nichts aussuchen.
00:18:53: Und die ziehen ihren Stiefel durch.
00:18:54: Auch wieder eine zusätzliche Ohnungserfahrung.
00:18:58: Deswegen ist uns auch ganz wichtig, dass Rettungsdienst und Polizei uns mitnehmen.
00:19:03: Weil wenn ich dann die Frage stelle, nachdem neun Personen ungefraht in meiner Wohnung stehen, nachdem das passiert ist, wollen sie jetzt einen Notfallseesorger oder einen Notfallseesorgen sagen, die Leute, nein.
00:19:12: Also einfach, weil sie die Zehnte Person verhindern können.
00:19:17: Aber umgedreht, wenn wir dabei sind, bleiben wir meist dabei.
00:19:20: Aber wenn uns jemand ablehnt, dann gehen wir.
00:19:22: Und das ist, wenn wir wirklich gehen, ist das ein gelungener Einsatz.
00:19:26: Weil es geht um Eigenmächtigkeit.
00:19:29: Das ist der Psychologie, dass ich eine Entscheidung treffe und die muss dann auch... dem muss dann auch verlässlich sein.
00:19:35: Und das ist, glaube ich, für viele Leute in der Ausbildung schwer, weil man will ja helfen, man will das Gespräch anbieten und zu sagen gelungener Einsatz ist.
00:19:42: Ich bin Albi Röbke von der Mutfallseelsorge, möchten Sie mit mir sprechen?
00:19:45: und jemand sagt, nein, dann ist das ein gelungener Einsatz, wenn ich gehe, weil das konnte dieser Mensch kontrollieren.
00:19:50: Und das ist eventuell also eine erste Kontrollerfahrung, die er hat.
00:19:53: Übrigens in der Praxis ist das ganz spannend.
00:19:56: Ich erlebe es in jedem zweiten Fall.
00:19:59: Selbstverständlich kein Problem.
00:20:01: Wundern sich nur, ich bin noch hinten beim Waldstellenfahrzeug.
00:20:03: Ich muss noch ein paar Absprachen treffen, dass die Leute danach kommen.
00:20:07: Dass das wie so ein Test ist, labert ihr mir jetzt eine Frickerdelle an die Backe oder macht ihr was ich will und kein bewusster Test.
00:20:15: Aber ich glaube, wenn die Leute erleben, oh, der geht wirklich, dann kann ich mich auch drauf einlassen und besprechen.
00:20:20: Ja, das verstehe ich.
00:20:21: Ich finde das interessant, weil ich glaube, man muss das wahrscheinlich auch lernen, dass man das nicht als persönliche Ablehnung in so einem Moment auffasst, oder?
00:20:29: Also, man weiß natürlich, die sind in einer Krisensituation, aber ich glaube, mein erster Impuls wäre, Gott, jetzt habe ich irgendwas falsch gemacht, ich habe falsch geguckt, ich bin eben falsch entgegengetreten.
00:20:36: Deswegen sagt er jetzt, nee, gehen Sie bitte weg, aber... Das ist auch was, was man wahrscheinlich in so einer Ausbildung lernen muss.
00:20:42: Ja, und allein das Gefühl, ich war jetzt letzte Woche an einer größeren Unfallstelle.
00:20:45: Es war so ein richtiges Großaufgebot mit Feuerwehr und TECO.
00:20:50: Und da waren einige Herren, die Augenzeugen geworden waren und gesagt haben, sie wollen aber mit uns nicht sprechen.
00:20:56: Und wir sind aber trotzdem da geblieben und hatten unsere Lila Westen an und standen da zu zweit und haben uns einfach relativ gewöhnlich unterhalten.
00:21:03: Und allein diese Normalsituation hatte ich das Gefühl, hat den sehr gut getan, dass überhaupt ... jemand vor Ort ist, den man ansprechen könnte, wenn man denn doch noch Bedürfnis hätte.
00:21:14: Elisabeth, du hast geschrieben an einer Stelle, das hat mir gut gefallen, Notfallseelsorge sei ein Wegweiser auf der Landkarte der Gefühle.
00:21:20: Ich finde das ein schönes Bild.
00:21:22: Kannst du es trotzdem mal ein bisschen erklären, weil eigentlich denkt man ja in so einer Situation, also welche Gefühle da jetzt vorherrschen, ist ja klar.
00:21:29: Verzweiflung, Wut, Trauer, so.
00:21:33: Denken wahrscheinlich viele.
00:21:34: Stimmt aber mutmaßlich gar nicht.
00:21:35: Oder viele Leute können wahrscheinlich gar nicht so richtig einordnen, was sie da jetzt gerade fühlen.
00:21:39: Also ganz viele, die ich danach Frage sagen, entweder ich hab gar nichts im Kopf
00:21:43: oder
00:21:44: ich hab alles im Kopf.
00:21:45: Also es fühlt sich an wie im Film.
00:21:47: Ich bin gar nicht wirklich Teil dieser Szenerie.
00:21:50: Und wenn wir Glück haben, füllen wir sowas ja auch nicht oft im Leben.
00:21:54: Das sind ja hoffentlich für die meisten Leute unbekannte Gefühle, die uns da ereilen, wenn uns sowas Schreckliches passiert.
00:22:01: Und da dann so ein bisschen eben wegweiser zu sein und zu erklären, nee, das ist jetzt eine ganz normale Reaktion auf ein total unnormales Ereignis.
00:22:11: Das allein tut den Leuten in dem Moment schon gut, das zu hören.
00:22:15: Das ist jetzt nicht komisch.
00:22:17: Und Albi bringt uns alles mit sehr guten Beispielen bei.
00:22:24: Manche sagen, auch bin ich ein Monster, weil mein Kind ist grad gestorben und ich fühl gar nichts.
00:22:28: Und dann fragt Albi, hast du noch ein Kind?
00:22:30: Ja.
00:22:31: Und dann versteht die Dame erst, ah, okay, solange ich das noch für die Verantwortung für dieses Kind trage, muss ich ja irgendwie funktionieren.
00:22:39: Ich kann ja jetzt hier nicht zusammenbrechen, solange ich nicht das Überleben des anderen Kindes quasi gesichert habe.
00:22:45: Und dann den Leuten aber zu sagen, wenn ... gleich die Babysitterin kommt oder deine Schwester kommt, um sich ums Kind zu kümmern, dann wirst du wahrscheinlich anfangen zu spüren.
00:22:55: Und wenn du möchtest, können wir da dabei sein, weil das wird vielleicht dolle von den Gefühlen.
00:23:01: Und auch dieses Vorwarnen ist manchmal schon einfach ein schönes Instrument, das wir mitbringen können.
00:23:09: Und was ihr auch an einigen Stellen schreibt, also Normalität ist wichtig.
00:23:13: Das klingt ja jetzt erst mal irgendwie komisch, weil man denkt, also wie kann in so einer Situation irgendwas normal sein?
00:23:18: Aber Man kann natürlich ganz kleine Momente der Normalität trotzdem auch in so einer Situation erschaffen, oder?
00:23:25: Ja, und die sind extrem wichtig, wenn ich mir vorstelle für den Menschen ist, das alte Leben ist vorbei.
00:23:32: Und gleichzeitig in der Wohnung zum Beispiel ist etwas noch alles erinnert, das aus der Tasse hat jetzt meine geliebte Frau getrunken, in der im Sessel hat sie gesessen, das Buch hat sie zuerst gelesen, also der Raum ist gleichzeitig ja noch voll von Triggern.
00:23:44: Und die Sekundenmomente der Normalität werden zum wahnsinnig wertvollen Schatz.
00:23:49: Das Problem ist, dass es von außen keiner versteht.
00:23:53: Ich hatte es eben schon mit Kindern gesagt, Kinder wünschen sich, in der Regel sofort wieder zur Schule zu gehen.
00:23:58: Weil, und das ist, wenn man drüber nachdenkt, ja, das Haus ist nichts mehr normal und die Schule, da war der Papa.
00:24:04: wahrscheinlich wenn überhaupt selten.
00:24:06: Das heißt es ist nicht damit konnotiert.
00:24:07: Also ich will in meine Normalität, wenn ich mehr aussuchen darf, denn nur da habe ich im Vormittag einfach mal vier fünf Stunden, wo ich nicht laufend erinnert werde und wo ich nicht trauern muss.
00:24:16: Und Trauer braucht auch Kraft.
00:24:17: Also das braucht man ja auch nicht.
00:24:21: Das Problem ist tatsächlich das Umfeld.
00:24:22: Also sagen kleine Kinder auch, ich will in die Schule, aber da soll es niemand wissen, weil sonst behandeln die mich nicht normal.
00:24:28: Und das ist das Wort Normal schon drin.
00:24:29: Und das ist unsere Aufgabe dann, Die Schule so zu briefen, dass das sichergestellt wird.
00:24:33: Jetzt kommt die Umwelt und sagt, was Schreckliches passiert, wir müssen uns furchtbar kümmern.
00:24:38: Das Gegenteil ist, wenn ich mich kümmere, wenn die Lehrerin, die normalerweise blöd zu mir war, jetzt auf einmal freundlich wird, dann bin ich wie in einer Katastrophe so blöd.
00:24:46: Sonst ist die nicht normal.
00:24:49: Muss ich der Lehrerin sagen, seien sie weiter streng.
00:24:53: Verständlicherweise hat die damit erst mal Schwierigkeiten zu sagen, ich kann doch jetzt nicht normal weitermachen.
00:24:57: Das braucht manchmal für das Umfeld die Erklärung auch zu sagen.
00:25:00: Das ist sie unnormale.
00:25:02: Die Situation ist es so wichtiger für dieser Moment der Normalität.
00:25:06: Ihr habt es eben schon gesagt, ihr seid nicht die, die die Todesnachricht überbringen.
00:25:09: Ihr schreibt aber auch Beschreibtssituationen, wo ihr dabei wart.
00:25:14: Und ihr sagt ... Es ist wichtig in so einer Situation nicht irgendwie drum herumzureden und vielleicht irgendwie irgendwelche euphemistischen Floskeln zu verwenden, sondern es ist schon auch wichtig, klar zu sprechen mit den Menschen, ist das auch was, was sich sozusagen auch durchzieht dann durch die Arbeit, also dass man nicht den Fehler machen sollte, dass irgendwie versuchen zu verpacken, weil ehrlich gesagt das lässt sich ja auch.
00:25:39: Die Ereignisse sind so schlimm, die kann man noch so schön versuchen zu verpacken.
00:25:44: Sie bleiben halt einfach so schlimm wie sie sind.
00:25:47: Also mein katholischer Koordinationskollege, der Pater Langer, der hat den schönen Spruch Mist, den man schön einpackt, der riecht immer noch nach Mist.
00:25:56: Da gibt es nichts zu verschönern.
00:25:57: Und das ist eine Qual für die Leute, wenn ich jetzt anfange, das ins Floskeln zu verbacken, weil dann müssen die raten und etwas erraten, was sie nicht hören wollen.
00:26:04: Das heißt, die einzige Hilfestellung, die ich Ihnen geben kann, ist ganz klar zu sagen, ja, das ist die Wahrheit.
00:26:11: Den muss man ja nicht im Detail scheiteln.
00:26:12: Dann gibt es auch Gesprächstechniken, dass ich das Fakt wahrheitsgemäß schildere und in meinem Gegenüber lasse, so willst du Details hören oder nicht.
00:26:19: Also auch das ist steuerbar.
00:26:20: Aber den Moment kann man nicht schön einpacken.
00:26:24: Und er schafft langfristig dann, jetzt denke ich eher an Familienangehörige untereinander oder an System Schule, es schafft Vertrauen, wenn der Hinterblieben Detail, also ich denke jetzt mal Mutter und Kind, Vater ist Verunfallt, wenn meine Mama mehr ungeschminkt die Wahrheit gesagt hat, dann kann ich der vertrauen.
00:26:40: wenn ich merke, die hat was gewusst und hat es mir da noch nicht gesagt, dann baue ich mindestens eine Begründung warum noch nicht.
00:26:47: Aber wenn ich mitgekriege und jetzt sind wir beim schonen, die hat mich verschont, dann schlägt das leider auf das oder kann aus das Vertrauensverhältnis durchschlagen zu sagen, okay im nächsten Moment am nächsten Tag sagt sie mir, das versteigt sie wieder was.
00:26:58: Deswegen ist die Wahrheit so wichtig, wie gesagt nicht im Detail und steuerbar, aber und schön einpacken kann man die nicht.
00:27:05: Wenn wir kommen, ist das keine schöne Wahrheit.
00:27:08: Und ihr habt ja auch Fälle, also zum Beispiel eine Schülerin, die mit der Bahn auf dem Heimweg war und dann von jemandem verschleppt und vergewaltigt und ermordet wird.
00:27:17: Also das Furchtbarste ist auch schon wieder schwierig, das zu werten.
00:27:21: Aber auf jeden Fall furchtbar.
00:27:24: Wie geht man denn dann damit um, wenn dann in so einer Situation zum Beispiel jetzt die Eltern sagen, ich will aber jetzt also möglichst schon jedes Detail wissen?
00:27:31: Also sagst du dann, okay, Jetzt gemäß dem, die haben das so entschieden oder ist eben auch klar, ich kann die Leute aber mit manchen Dingen jetzt auch nicht konfrontieren.
00:27:42: Also das ist ja wahrscheinlich ein wahnsinnig schwieriger Abwägungsprozess.
00:27:46: Also beim Tötungsdelikt ist erstmal das Problem, dass mir die Entscheidung schon wieder habe, ich die nicht, weil, nämlich die Mautkommission ermittelt und die sagt, die Angehörigen kriegen keine Informationen.
00:27:56: Und das ist, so blöd das klingt, das nächste Ohnmachtserlebnis, weil jetzt ist meiner Tochter die ist ermordet worden, jetzt darf ich noch nicht mal wissen, was genau passiert ist bis zum Prozess.
00:28:09: Oder bis die Ermittlung abgeschlossen ist, bis man es sachlich verhält.
00:28:13: Aber erst mal wochenlang werde ich nicht informieren und ich weiß, die Polizei weiß das schon.
00:28:17: Das ist Ermittlungstaktik, das ist Täterwissen, das können die nicht anders machen, aber es ist für mich ein Ort, das Ohnmachtserlebnis.
00:28:25: Ich finde, das Problem ist für Familien, dass es natürlich sehr unterschiedlich sein kann.
00:28:29: Das ist ein Randgehensweise, wenn ich etwas nicht verhindern kann, dann will ich jedes Detail wissen.
00:28:34: Und gleichzeitig in der Familie, und dann wird es schwierig, wenn das gegenüber meinen Bruder sagt, ich will gar nichts wissen.
00:28:42: Weil das ist eh schon so schlimm.
00:28:44: Oder noch nicht.
00:28:45: Und das ist der Punkt, wo die Leute versuchen zu unterstützen, zu sagen, erst mal sich die Unterschiedlichkeit zu erlauben.
00:28:52: Da muss man natürlich aufpassen zu sagen, wenn ich jetzt was weiß und meine Frau weiß, dass ich das weiß, muss man eine Verabredung treffen, so wie gehen wir dann damit um?
00:29:01: Und auch sozusagen, wie ich an Informationen rankomme.
00:29:04: Das finde ich auch noch mal ganz wichtig, bei Kindern wieder ganz wichtig.
00:29:07: Kinder stellen andere Fragen, also das ist so ein praktischer Tipp, den wir haben.
00:29:10: Haut den Kindern nicht die Wahrheit um die Ohren, sondern lasst die Fragen aufstellen, sonst beantwort ich Fragen, die die gar nicht gestellt haben.
00:29:16: Das geht für Erwachsenen letztlich auch, bei Kindern ist es aber ganz klar, also das sagen so.
00:29:21: Wenn die Geschwisterkinder was wissen wollen zur Opferanwältin gehen, die hat die Aktenlage, aber nicht die Akte vorlesen, sondern die Geschwisterkinder sollen die Fragen aufstellen und dass die Fragen dann allerdings wieder wahrheitsgemäß beantwortet werden.
00:29:33: Wenn die Leute das wollen und das wäre am Schluss, ist das die Überschrift.
00:29:37: Es gibt kein richtig oder falsch.
00:29:39: Kontrolle ist das Wichtige.
00:29:41: Und wenn die Leute das Bedürfnis haben, das zu wissen, dann sollen sie das erfahren.
00:29:45: Wie gesagt, die Umstände kann ich abklären.
00:29:46: Ich kann mit den Leuten durchsprechen, was kommt.
00:29:49: Und ich würde gerne an dem Punkt nochmal eins sagen oder vielleicht sogar nochmal übertreiben, damit es deutlich wird, es ist besser, wenn die Leute für sich etwas falsch entscheiden in der Situation oder in der Zeit danach, wo sie ein halbes Jahr später sagen, boah, hätte ich mich mal anders entschieden, weil von unserer Arbeit liegt der Akzent auf der Entscheidung.
00:30:07: Also es ist besser, ich habe mich für die Verarbeitung ist besser, ich habe mich falsch entschieden, das heißt, ich habe überhaupt eine Entscheidung getroffen.
00:30:15: Das ist mir abgenommen worden oder ich durfte das nicht entscheiden.
00:30:17: Für die Verarbeitung ist ein Fehler machen besser, weil das meine Macht ist ein Fehler zu machen.
00:30:23: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen irgendwie eine Vorstellung davon haben, wie Trauer auszusehen hat.
00:30:30: Also, die haben irgendwie so die Vorstellung, es gibt jetzt das Schema und man muss sich jetzt in der Trauer so und so verhalten und das ist irgendwie richtig.
00:30:39: Und das schlägt ja dann sogar manchmal darin oben, dass dann Menschen, die sich jetzt anders verhalten, als man das glaubt.
00:30:45: Ich erinnere mich an diese, an die getötete Studentin damals in Freiburg, wo die Eltern gesagt haben, wo die sehr um Nachsicht oder auch um Umsicht, sag ich mal, nicht Nachsicht, umsicht im Umgang mit dem Täter gebeten haben, dass diese Eltern dann hinterher Hassbotschaften abbekommen.
00:31:00: Das ist jetzt im Sonnerskrasserfall, aber im Kleinen, glaube ich, ist das ganz oft.
00:31:04: Warum ist das so, dass das für viele Leute offensichtlich so wichtig ist, dass man sich an merkwürdige Regeln der Trauer hält, obwohl ihr jetzt ja jetzt ja auch schon geschildert habt.
00:31:17: Es gibt ja jetzt nicht, dass die eine normale Reaktion, wie man auf so eine Nachricht reagiert und wie man trauert.
00:31:25: auch wieder eine Form der Kontrolle.
00:31:28: Und das Kontrollverlust, wenn die das anders macht, dann stelle ich mich vielleicht auch selbst in Frage.
00:31:33: Und wir trauern in Deutschland ja im Stillen.
00:31:37: Es gibt andere Kulturen, da ist es laut, da geht man zu den Leuten hin, da bringt man Essen wie im Wochenbett fast ein bisschen.
00:31:44: Und bei uns ist es alles hinter verschlossenen Türen und stille Anteilnahme, sagen wir.
00:31:49: Und
00:31:50: das ist
00:31:50: ... Das wird nicht öffentlich gemacht.
00:31:52: Das ist wirklich so auch noch mit eines der letzten Tabuthemen.
00:31:55: Deswegen haben wir da keinen guten Umgang mit.
00:31:58: Und ich weiß nicht, warum, aber es wird viel gewertet.
00:32:01: Das stimmt.
00:32:01: Wie kann die Dame jetzt schon wieder mit dem Hund rausgehen?
00:32:04: Oder ich habe über mehrere Monate eine Dame begleitet, die früh Whitwick geworden ist und die rund um Karneval den Todestag ihres Mannes hatte.
00:32:16: Und gesagt hat, mir würde das so gut tun, einmal wieder rauszugehen und zu schunkeln.
00:32:20: Aber das kann ich ja nicht machen.
00:32:21: Ich kann ja nicht rund um den Todestag.
00:32:23: Keiner weiß, was sollen die Leute denken.
00:32:25: Und da muss man dann halt hinterfragen, wer ist denn so wichtig, dass er darüber entscheiden dürfte, was dir gut tut?
00:32:33: Aber da sind wir mit ganz vielen Themen, zumindest in der Trauerbegleitung, wenn wir langfristig begleiten, konfrontiert und müssen ganz viel Aufklärungsarbeit leisten.
00:32:43: Wenn wir ganz selbstkritisch sind, müssen wir auch selber schauen, dass wir nicht werden.
00:32:49: Das stimmt.
00:32:50: Das möchte ich gerne an alle, die hier zuhören, mitgeben, weil auch wir sind schnell im, die geht jetzt wirklich im Kostüm raus oder was auch immer die Person macht.
00:33:00: Und da dürfen wir, glaube ich, alle ein bisschen drauf
00:33:02: achten.
00:33:03: Ich glaube, man muss sich halt hinterfragen.
00:33:05: Also ich glaube, dass man das sozusagen im ersten Moment so empfindet.
00:33:08: Das kann ich total verstehen.
00:33:09: Aber ich frage mich halt immer, warum dann manche Menschen der Meinung sind, sie müssten jetzt die Trauerenden damit konfrontieren.
00:33:18: Also weil du das gerade erzählt hast, ich weiß das als mein Vater starb und der ist eben auch einfach nicht mehr aufgewacht über Nacht.
00:33:25: Dann hatten wir anderthalb Wochen später so ein Cocktailabend mit Freunden verabredet.
00:33:30: Und die waren zum Teil aus Berlin und was weiß ich, woher ich angereist.
00:33:33: Und ich hab auch erst gedacht, nee, ich kann das nicht.
00:33:35: Das ist mir irgendwie zu viel.
00:33:36: Und dann hab ich gedacht, nein, ich geh da jetzt hin.
00:33:38: Der Papa, der würde das wollen.
00:33:40: Und es war ein wahnsinnig schöner Abend.
00:33:42: Und trotzdem war alles in mir drin.
00:33:45: Also diese Trauer und auch diese Freude.
00:33:47: Und dann frage ich mich immer ... Warum können wir diese Ambivalenz von Gefühlen nicht aushalten?
00:33:53: Das ist ja auch oft, dass wenn dann Leute dann gehen sie vielleicht raus und dann sagen sie, ja, jetzt ist es ja wieder okay.
00:33:58: Jetzt geht es ja keiner bei Feiern.
00:33:59: Das ist ja super.
00:34:00: Wo ich dann denke, aber nur weil jetzt jemand einmal drei Stunden irgendwie diese Erleichterung sucht, heißt es doch nicht, dass die Trauer weg ist.
00:34:07: Also, wann ist das so?
00:34:08: schwerfällt, diese Ambivalenz auszuhalten,
00:34:10: Albi?
00:34:11: Du hast genau das richtige Wort schon gesagt.
00:34:14: Die Ambivalenz, die nehmen wir nicht wahr.
00:34:16: Die können wir uns auch von außen nicht vorstellen, dass es in der Trauer einen freudigen Moment gibt, dass es im Vermissen eine Erleichterung gibt.
00:34:26: Also Schock und Trauer sind sehr ambivalente Gefühle.
00:34:29: Und das halte ich von außen nicht aus.
00:34:31: Und zwar mehrfach.
00:34:32: erstens poetziehe ich mich selber laufend rein.
00:34:34: Wie würde ich... mich verhalten und fangen dann an zu werden.
00:34:37: So, ich könnte dann nicht feiern gehen.
00:34:38: Das ist ein Doppelfehler.
00:34:40: Erstens weiß ich gar nicht, wie ich mich in der Situation verhalten würde und welche Bedürfnisse ich habe.
00:34:44: Und zweitens, dass ich das immer heiße, nicht dass jemand anderes das für sich macht.
00:34:47: Also insofern, da sind schon zwei Kurzschlüsse drin in dieser Annahme.
00:34:53: Und ich glaube, ein ganz tiefes Motiv ist noch, also wie gesagt, diese Amperlenz halten wir nicht aus, weil wir uns das nicht vorstellen können, wenn wir das nicht erlebt haben.
00:35:00: Das führt übrigens zu einer ganz verschworenen Gemeinschaft von den Leuten, die einen schweren Schicksal hinter sich haben, weil die kennen die Ambivalenz.
00:35:07: Und die finden Verständnis dafür.
00:35:08: Und das finde ich in Trauergruppen immer Wahnsinn.
00:35:11: Weil von außen wird man bei der Traurgruppe auch immer warten.
00:35:13: Die finden jetzt den einen richtigen Weg.
00:35:15: Und wenn ich mit den Leuten spreche, was den gut tut, ist zu sagen, jeder weiß, wenn ich meinen Weg gehe, dass ich auch traurig bin.
00:35:23: Ich habe meinen Jungen gefragt, was in der Trauergruppe so toll ist, weil er am Anfang nicht hin wollte und erwartete jetzt auch die Trauermethode, die Auf-erwartungsmethode, die Gestalttherapie, die im Unheimlich-Vegal wird und hat dann gesagt, danach spielen wir immer Fußball und wenn ich ein Tor schieße und jubel, weiß jeder in der Gruppe, dass ich auch traurig bin.
00:35:37: Und das ist, glaube ich, Das, was die Leute von außen sich vorher nicht vorstellen kann.
00:35:42: Ich kann ein Tor schießen und jubeln und trotzdem meine Mutter unendlich vermissen.
00:35:46: Und diese Ambivalenz ist überfordert, die Leute, die es nicht erlebt haben.
00:35:50: Und die Leute, die es erleben haben, die verstehen das sofort, zu sagen, dass es da ein Weg und wenn er dir gut tut, ich habe einen ganz anderen Weg, aber musst du für dich rausfinden.
00:35:58: Kleine Werbeunterbrechung in eigener Sache.
00:36:00: Hier ist Sarah Brassack, stellvertretende Chefredakteurin des Kölner Stadtanzeiger.
00:36:04: Wir berichten in der gedruckten Ausgabe oder im E-Paper des Kölner Stadtanzeiger sowie auf ksdr.de täglich intensiv über alles Wichtige, was in Köln passiert.
00:36:14: Aber natürlich auch in der Region, Deutschland und der Welt.
00:36:18: Dieser Podcast ist für Sie kostenfrei hörbar.
00:36:20: Deshalb freuen wir uns, wenn Sie unseren Lokaljournalismus und die Arbeit der Redaktion mit einem Abo unterstützen.
00:36:26: Alle Infos dazu finden Sie unter ksdr.de slash Abo.
00:36:30: oder für das rein digitale Abonnement unter castia.de-plus.
00:36:35: Und jetzt geht es weiter mit dem Podcast.
00:36:38: Ich habe beim Lesen es mir auch nochmal eins sehr deutlich geworden.
00:36:42: Und zwar geht es um die Frage, dass gerade zum Beispiel bei Verbrechen das hinterher häufig so ist, dass Leute sagen, ja, aber warum ist die denn auch so später lang gegangen?
00:36:50: Warum hat sie denn irgendwie einen kurzen Rock getragen?
00:36:52: Warum hat sie denn dies oder das gemacht?
00:36:54: Man muss ja eigentlich sagen, und wenn die mitten in der Nacht nackt aus der Bahn steigt, ist die gibt es... Keinerlei Grund, sozusagen das zu hinterfragen.
00:37:02: Die ist Opfer und fertig.
00:37:03: Aber wir haben so eine Täter-Opferumkehr, die ich ganz schlimm finde.
00:37:06: Aber ihr habt dann sehr gut erklärt, warum viele Leute das eigentlich machen.
00:37:10: Können ihr das vielleicht nochmal auch allen deutlich machen, woher das kommt?
00:37:16: Ja, weil es lässt sich psychologisch ganz gut erklären, weil wenn jemand Schuld ist, wird es mir beim nächsten Mal nicht passieren, wenn ich alles richtig mache.
00:37:23: Damit nehmen wir irgendwie die Verantwortung von unserer Schulter.
00:37:27: Wir haben ein großes Kapitel zum Thema Schuldgefühle auch.
00:37:31: Warum haben wir die überhaupt?
00:37:33: Und die sichern uns in gewisser Weise das Überleben, weil wenn ich fünf Minuten später meinem Mann gesagt hätte, dass er nicht die Spülmaschine ausräumen soll, dann wäre der Unfall nicht passiert.
00:37:43: Und das heißt im Umkehrschluss.
00:37:45: dann passiert mir das morgen nicht nochmal, weil bei meinem Sohn werde ich morgen nicht die Spielmaschine ausreiben lassen.
00:37:50: Das hilft unserer Psyche in dem Moment zu überleben und das auszuhalten, damit ich, weil im Grunde leben wir in einer unkontrollierten Welt, natürlich kann mir das auch morgen wieder passieren, dass mir ein Angehöriger bei einem Autounfall stirbt.
00:38:03: Das ist statistisch unwahrscheinlich, aber es ist möglich.
00:38:06: und um mir selber meinen Nervensystem zu beruhigen, leg ich diese Schuldgefühle mit drauf, die dürfen als Krücke, hast du gesagt,
00:38:14: Albi.
00:38:15: Als Krücke fungieren, ne?
00:38:16: Wenn wir einen Knie-OP hatten, dürfen wir erst mal mit einer Krücke durchs Leben laufen.
00:38:19: Das darf mein Schuldgefühl sein.
00:38:21: Und wenn es aber ein unbegründetes Schuldgefühl ist, dürfen wir die Krücke irgendwann auch wieder weglegen.
00:38:25: Ansonsten brauchen wir dann doch auch noch mal Hilfe von außen, um das dann wieder los zu werden, weil ich mir dann doch nach einigen Wochen schon auch sagen darf, nee.
00:38:34: Also im ersten Moment ist es wichtig, dass wir die Schuld... das Schuldgefühl erst mal da sein lassen, aber dass wir nach wenigen Wochen dann sagen, jetzt versuchen wir's mal ohne das, weil an der Spülmaschine lag's nicht.
00:38:47: Das sind ja dann mit der Täter-Opferumkehr.
00:38:50: Das sind ja auf die Familienangehörigen, die das machen.
00:38:52: Also ich hab eine Tochter, ich höre jetzt, da ist ein Mädchen ermordet worden.
00:38:56: Ohne dass mir das klar ist, möchte ich jetzt hören, was hat das Mädchen falsch gemacht, damit das meiner Tochter nicht passiert.
00:39:01: Und jetzt passiert was Paradoxes.
00:39:03: Je mehr bei den Ermittlungen zum Beispiel jetzt rauskommt, das Mädchen hat gar nichts falsch gemacht.
00:39:08: Das beruhigt mich ja als Vater nicht, auch okay, dann hat die nichts falsch gemacht.
00:39:11: Das ist ja auch gar nicht eigentlich mein Interesse, sondern ich will ja meiner Tochter sagen, was sie richtig machen kann, damit es ihr nicht passiert.
00:39:15: Und das heißt, die Täteropferumkehr verstärkt sich, je mehr raus kommt, dass kein Fehler gemacht worden ist.
00:39:22: Und das ist ja das Paradox.
00:39:23: Also je mehr klar ist, da ist nichts falsch gemacht worden, man hätte das nicht verhindern können.
00:39:27: würde man ja erstmal theoretisch erwarten, das führt zu einer Beruhigung.
00:39:31: Das bringt mich, aber wenn ich um Sorge um einen Mann gehörigen bin, bringt mich das in den Wahnsinn.
00:39:35: Und dann werde ich wie dolle Schuld zu, damit ich das für mich ausschließen kann.
00:39:40: Im Fall dahinter, wir ertragen es nicht zu sagen, wir haben in so wesentlichen Dingen wie das Leben meiner Liebsten oder mein eigenes nicht totale Kontrolle.
00:39:48: Aber leider ist das richtig, haben wir nicht.
00:39:50: Ich kann hier aus dem Studio rausgehen und der Lkw Fahrer schläft ein und ich steige ins Auto und ich bin tot.
00:39:56: Das kann passieren, so kann ich aber nicht leben.
00:39:59: Das stimmt.
00:39:59: Und das müssen wir auch gar nicht an Katastrophenfesten machen.
00:40:03: Wenn meine Beziehung schaltet und mein Gegenüber sagt, du hast alles richtig gemacht immer, ich hab mich einfach nur verliebt.
00:40:09: Du hast
00:40:09: wirklich dir nichts zu tun.
00:40:10: Ist es für mich viel schwieriger zu verarbeiten, weil wie soll ich es beim nächsten Mal besser machen?
00:40:14: Wie soll ich wieder ins Vertrauen gehen, dass mir das nicht nochmal passiert?
00:40:17: Also wir können das auf ganz viele Lebensgebiete auch umschreiben, da müssen wir gar nicht mit Katastrophen zu tun haben.
00:40:25: Auch da, ich kann das total nachvollziehen, dass man das so empfindet, dass man diesen Wunsch hat eben, da muss doch irgendein Fehler passiert sein und den mache ich nicht.
00:40:33: Was mich dann immer so irritiert ist, dass Leute dann aber sozusagen das aussprechen, also die damit konfrontieren, weil ich dann immer denke, aber wie kann man das tun?
00:40:44: Das kannst du ja zu Hause von mir aus auch mit deinem Partner, deiner Partnerin besprechen.
00:40:48: Aber man geht doch nicht zu jemandem hin und sagt, Entschuldigung, was hat denn ihre Tochter da eigentlich falsch gemacht?
00:40:54: Das ist ein Grund, warum das das Buch gibt.
00:40:56: Ja, sehr gut.
00:40:58: Ich hoffe, dass, wenn die Leute das verstehen, dass sie eigentlich ihre Familie schützen wollen und gar nicht die Schuld beim Opfer suchen, wenn sie das verstanden haben, dass sie dann eventuell den richtigen Schluss ziehen, so sagen dann, okay, jetzt verstehe ich, warum ich.
00:41:11: auf der Suche nach Schuld bin und das zu verstehen.
00:41:13: Damit konfrontiere ich bitte schön nicht die Betroffenen, weil die Lösung für mich liegt woanders als bei den Betroffenen.
00:41:20: Und ich glaube, da würde ich die Leute fast ein bisschen im Schutz nehmen, weil wir das alle nicht wissen und ich mich selber ja auch nicht verstehe.
00:41:27: Die Leute werden ja auch selber sich nicht verstehen, warum suche ich nach Schuld.
00:41:30: Dann konfrontieren sie an Gehörigen, weil sie das für normal halten.
00:41:33: Wenn ich das einordnen kann, kann ich vielleicht darauf verzichten.
00:41:38: Ich finde es aber super schön, dass du gerade dieses Thema ansprichst, weil dazu kriegen wir jetzt nach Erscheinen des Buches auch die meisten Reaktionen.
00:41:44: Also es gibt wirklich Leute, die sagen, ich habe eine Katastrophe erlebt und ich habe jetzt erst verstanden, was passiert ist und ich konnte mich jetzt bei meiner Freundin entschuldigen.
00:41:52: Ich weiß jetzt, warum ich den Kontakt nicht mehr suchen konnte.
00:41:55: Da war ein Punkt, den ich so noch nicht verstanden hatte und eine weitere Sache mir.
00:42:00: Sie hat mehrere Psychotherapiesitzungen gehabt zu dem Thema und in diesem Schuldkasten hat sie plötzlich gerafft.
00:42:07: Das war da los.
00:42:08: Das war auch für mich so eine Session in der Ausbildung, in der ich dachte, ach Quatsch, das war mir so nicht bewusst, dass wir extra dieses Gefühl geschickt kriegen, dass das da sein darf erst mal.
00:42:19: Und was es für uns bedeutet?
00:42:23: Ich würde gerne, Stichwort, wie reagiert man auf Menschen, denen so was passiert?
00:42:27: Noch mal ein bisschen sagen, das finde ich jetzt einfach ein wenig schlimmer.
00:42:31: Ich finde es auch schlimm, aber man hat ja oft entweder gibt es eine große Sprachlosigkeit, Leute halten sich fern oder es gibt auch viele, die dann in so Floskeln verfallen und sagen, die Zeit halt alle wunden und das wird schon wieder oder es mir auch sehr hängen geblieben aus eurem Buch einer Mutter, die dann gesagt, deren Kind gestorben ist und der wurde dann gesagt, ja du hast ja noch ein anderes, also was ich absolut grauenvoll finde, aber habt ihr einen Tipp für Leute, könnt ihr irgendwie sagen, wie man das vermeidet?
00:43:01: solche absolut nicht sagenen Floskeln zu verbreiten, die es ja im Zweifel eigentlich nur noch schlimmer machen, weil ich meine, es wird halt nie mehr so, wie es war.
00:43:07: Das ist ja auch gelogen.
00:43:09: Also wie kann man sich sozusagen selber, weil man Angst vor der Sprachlosigkeit hat, davon abhalten, solche Sachen zu sagen?
00:43:17: die Sprachlosigkeit ausdrücken.
00:43:19: Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
00:43:21: Das verstehe ich manchmal nicht, was so schwierig an dem Platz ist.
00:43:23: Weil ich glaube, das ist fast die angemessene Reaktion.
00:43:27: Wir kennen die ja unangesprachlich, kennen wir die.
00:43:29: Das ist so schlimm, das verschlägt mir die Sprache.
00:43:32: Aber das kann man ja verbalisieren, zu sagen, ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll.
00:43:36: Dann mache ich erst mal nichts falsch, weil es stimmt und ermöglicht man gegenüber zu reagieren.
00:43:44: Und das wäre jetzt wirklich mein praktischer Tipp, das in Worte zu fassen.
00:43:47: Ich weiß, es gibt keine richtigen Worte und mir fehlen gerade die Worte.
00:43:51: Mein Gefühl ist immer, wenn es darum geht, das Entscheidende ist, das auszuhalten.
00:43:57: Also, ich hab immer das Gefühl, da zu bleiben, nicht wegzugehen, diesen Fluchtreflex nicht zu folgen, sondern einfach zu sagen, du kannst der Situation nicht entfliehen.
00:44:07: Und ich bleib jetzt mit dir hier, weil ich das mit dir zusammen aushalte.
00:44:11: Ist das richtig?
00:44:13: Würdet ihr sagen, das ist ein richtiger Ansatz?
00:44:16: Absolut richtig.
00:44:17: Absolut richtig.
00:44:17: Ich habe neulich eine Begleitung gehabt.
00:44:19: Da habe ich mich einfach mit in die Rauchersecke gesetzt, bei jemandem, der gerade seine Frau verloren hatte.
00:44:24: Und ich habe einfach neben ihm gesessen und geschwiegen und dann hat er irgendwann zu mir gesagt, und wir schweigen jetzt hier zusammen.
00:44:32: Und dann habe ich gesagt, ja, wenn das gut tut, machen wir das jetzt hier zusammen.
00:44:35: Also
00:44:36: auch das
00:44:37: kann den Unterschied machen, dass ich zumindest nicht alleine da sitzen und schweigen muss.
00:44:44: und dass jemand das mit mir aushält und ich nicht dann auch noch gemieden werde.
00:44:49: Ich habe das damals erlebt.
00:44:50: Ich habe mit meinen dreizehnjährigen Cousins verloren und es ist in den Sommerferien passiert und es hat sich bei mir einfach niemand von meinen Freunden oder Freundinnen gemeldet.
00:44:58: Und das hat mich in dem Moment natürlich zusätzlich einsam gemacht.
00:45:01: Ich war ja schon einsam, weil ich da meinen Lieblingscousin verloren hatte und dann war ich noch mal zusätzlich einsam, weil sich dazu einfach niemand geäußert hat.
00:45:09: Und das hat bei mir auch so einen Unterschied gemacht, dass ich dann danach ich gehört habe, dass irgendetwas passiert ist, mich einfach immer direkt gemeldet habe.
00:45:16: Es war dann dieser Umkehrschluss, dass ich gedacht habe, nee, also darüber reden und wenigstens mal kurz anrufen oder vorbeikommen oder was auch immer, was vor die Tür stellen zum Beispiel, das muss ja, muss ja gar nichts Großes sein, überhaupt irgendwie anerkennen, ich sehe, was bei dir los ist.
00:45:32: und da haben wir in der Notfallseelsorge, wir machen das ja im Ehrenamt, kriegen aber immer wieder Weiterbildung und hatten auch gerade noch mal so ein schönes Gesprächsführungssiminar.
00:45:42: in dem uns beigebracht wurde.
00:45:44: Wir müssen im Grunde ja auch gar keine großen Tipps geben.
00:45:47: Wir können
00:45:47: einfach beschreiben,
00:45:49: was wir erleben.
00:45:51: Wir können sagen, du sitzt jetzt hier in diesem roten Pullover und es fühlt sich für dich an wie im Film.
00:45:58: Also hier war jetzt grad ein Bestatter, hier war jetzt...
00:46:00: Das wir
00:46:00: einfach beschreiben, was wir erleben.
00:46:02: Allein das dieses Ich sehe dich.
00:46:05: Das können wir transportieren und das finde ich total entlasten für solche Situationen.
00:46:10: Dass wir einfach im Zweifel beschreiben können, was wir erleben.
00:46:14: Das ist jetzt für dich doch unglaublich, zum Beispiel, einfach in Sätzen sagen, was wir wahrnehmen.
00:46:20: Und ich glaube, das können auch alle Leute draußen mitnehmen, dass man einfach die Situation beschreiben kann, ohne große Tipps oder Hilfen.
00:46:27: Das ist in dem Moment ja auch noch, wenn gerade was passiert, ist viel zu früh, wenn ich sage, Morgen wird schon wieder.
00:46:33: Ich kann noch gar nicht an morgen.
00:46:35: Ich bin in dieser Situation verhaftet und möchte in dieser Situation wahrgenommen werden.
00:46:39: Und wenn ich das merke, mich nimmt hier jemand wahr, dann kann das schon den Unterschied machen.
00:46:44: Ich würde genau zwei Sachen ergänzen.
00:46:46: Ich glaube, in unserer Gesellschaft von der Kommunikation ist es aber, und es wird schlimmer, gemeinsam schweigen können wir nicht mehr.
00:46:53: Und in so einer extremen Situation, dass der ehemalige Landesfahrer der evangelischen Kirche im Rheinland für Notfallsee so gelehrt mal gesagt, so riesige, ich gänne keine aktiveren Vorgang als passiv mitzuschweigen.
00:47:07: Das ist höchst anstrengend und muss man tatsächlich lernen, weil unsere Gesellschaft Trauer ist zwar still, aber wir haben immer das richtige Wort.
00:47:16: Es wird immer schneller und einfach dazu sitzen, nichts zu tun.
00:47:20: Tut den Menschen gut, sind wir aber überhaupt nicht gewohnt.
00:47:23: Das muss man wirklich trainieren.
00:47:25: Vielleicht magst du da nochmal dein Beispiel von Chrissy erzählen.
00:47:29: Dein Beispiel von Chrissy, dass ihr erst mal einfach
00:47:31: zusammengeschwiegen
00:47:32: habt.
00:47:33: Es war im Buch beschrieben auch der junge Frau, da hat der Vater die Mutter getötet.
00:47:41: Aber behauptet sie sei abgehauen.
00:47:43: Das kam erst fünf Jahre später raus.
00:47:46: Aber so ein Erstkontakt war etwas schwierig und sie wusste gar nicht, ob sie jetzt noch mal Kontakt zum Notfallsee sogar haben wollte oder nicht.
00:47:52: Und da hat die Opferschutzkommissarin mich angerufen und gesagt, ich glaube, das wäre ganz gut, kannst du noch mal vorbeifahren.
00:47:57: Und bin ich vorbeigefahren, ich war gerade auf dem Motorrad unterwegs, also in Motorradklamotten und Krise kam dann raus.
00:48:05: Und dieser Raustruja, dann rauchen wir jetzt erstmal einen.
00:48:09: Und dann haben wir zusammen eine geraucht und sie hat mir später gesagt, dass das wirklich, und das war jetzt nicht, das war ein aktiver Test, ob ich das aushalte mit ihr zu rauchen, ohne dass ich das Gespräch eröffne.
00:48:20: Das hat sie mir später gesagt, das war wirklich der Test.
00:48:23: Hätte ich das Gespräch angefangen, wäre ich durchgefangen.
00:48:28: Und ich weiß, dass das tatsächlich, also ich habe das gemacht, ich habe auch gespürt, intuitiv, das ist richtig.
00:48:34: Aber das ist schwer, wenn man so eine Geschichte mit hat, man weiß, der erste Kontakt war, war nicht ganz glücklich gelaufen und dann erstmal dazu sitzen und zu rauchen und dem gegenüber den Raum zu geben, du öffnest das Gespräch und wenn nicht, dann schweigen wir jetzt zusammen.
00:48:48: Das ist nicht leicht.
00:48:50: Das glaube ich.
00:48:51: Apropos, das ist nicht leicht.
00:48:53: Ich glaube, viele Leute, die das hier hören, denken, das war jetzt ungefähr das letzte, was ich mir vorstellen könnte, was ich gerade gesagt habe, ehrenamtlich zu tun, mich mit solchen Situationen auseinanderzusetzen.
00:49:04: Könnt ihr mal beschreiben, woher eure Motivation kommt, euch bewusst, warum ihr euch bewusst dafür entschieden habt, in genau solche Momente zu gehen und genau euch diesen Situationen immer wieder zu stellen?
00:49:18: Weil ich glaube, wie vieles ist absolut unvorstellbar.
00:49:21: Also ich habe
00:49:22: dafür tatsächlich einen Leitspruch entwickelt.
00:49:24: Ich sage immer, wir können das Schicksal nicht ändern, aber den Umgang damit erleichtern.
00:49:27: Und das ist so mein Antrieb.
00:49:30: Ich komme aus einer Familie, in der es relativ viele frühe Schicksalsschläge gegeben hat.
00:49:34: Meine Mutter kommt aus einer Familie, die hatte sehr früh bei einem Amoklauf ihre Schwestern verloren.
00:49:39: Das war dieses Schulattentat von Köln-Volkhofen, damals in den Sechzig.
00:49:44: Und da sind acht Kinder und zwei Lehrerinnen gestorben.
00:49:46: Und damals haben die Psychologen und Psychologinnen gesagt, zu den Eltern, zu den Betroffenen, sprechen, sind, leber, nimm mehr an.
00:49:53: Da dreist nur alte Wunden wieder auf.
00:49:55: Und in der Folge gab es unheimlich viele Suizide.
00:49:58: Die sind nicht dokumentiert, aber dadurch, dass wir eben einen familiären Zugang zum Thema wissen, wie das das passiert ist.
00:50:05: Und ich glaube schon, dass auch das ein Antrieb bei mir ist, der über die Generationen hinweggeht, zu sagen, nee, wir müssen darüber schon sprechen und wir wollen, wenn wir so eine Scheiße erleben, Entschuldigung für das Wort, aber wenn wir so eine Scheiße erleben, dass wir das nicht dann alleine durchmachen müssen und dass uns jemand Dinge erklärt.
00:50:24: Viele Leute, die wir begleiten, haben das zwar von der Polizei gehört, was passiert ist, können sich das aber gar nicht merken und brauchen das einfach noch mal.
00:50:32: Kannst du mir das noch mal sagen?
00:50:33: Was genau ist denn, also dass wir so eine Sicherheit kriegen?
00:50:37: Und das ist schon ein Gefühl der Dankbarkeit, dass wir aus solchen Situationen mitnehmen.
00:50:42: Also ich fahre in der Regel nach Hause.
00:50:45: Und wenn ich weiß, die gehen jetzt ein ganz klein bisschen weniger gebückt, ist das schon so ein schönes Zeichen.
00:50:51: Und ich muss dazu sagen, die meisten Ehrenamtlichen, die da aktiv sind, die machen das ja nicht rund um die Uhr und jeden Tag, sondern ab und zu, wenn es
00:50:59: passt.
00:51:01: Und dann brauchen wir natürlich auch einen guten Ausgleich.
00:51:04: Aber ich nehme nicht die Katastrophe mit nach Hause, sondern die Hilfe.
00:51:09: Das ist eine Situation, da sind Menschen pur und echt.
00:51:12: Und ich finde, wir leben in einer Gesellschaft, wo es wenig Authentizität gibt und eine authentischere Situation gibt, ist kaum.
00:51:20: Das ist natürlich deswegen tragisch, weil es immer mit einer Katastrophe für die Leute verbunden ist.
00:51:24: Aber das ist wirklich Mensch pur.
00:51:26: Die Leute haben keine Zeit für Masken, für was denken die anderen Leute und so weiter.
00:51:29: Da müssen wir fast eher ein bisschen aufpassen zu sagen, da gibt es noch andere Leute, die denken sich was.
00:51:34: Aber das ist wirklich Mensch sein, Basic.
00:51:38: Und ich finde das immer ein riesen Geschenk.
00:51:41: Ich habe so eine Motivation, auch wie stark Leute sind, das begleiten zu dürfen.
00:51:45: Wo man mitkriegt schon im ersten Moment, da ist eine Wahnsinnig Kraft und das sage ich jetzt bewusst als Gläubiger Christ noch mal.
00:51:52: Ich will das keinem aufautorieren, was das ist.
00:51:54: Aber ich habe immer das Gefühl, da ist tatsächlich eine Macht im Werke, die bringen ich sowieso nicht und die kann eigentlich aus den Menschen selber gar nicht mehr rauskommen.
00:52:02: Und da finde ich es dir christliche Glauben schon eine gute Motivationsquelle dahin zu gehen, wo es wehtut.
00:52:07: Und ein Letztes noch, wir erleben ja nicht nur die Katastrophe, sondern auch, wie solidarisch Menschen sind.
00:52:12: Also, mein Menschenbild ist seit den letzten fünfundzwanzig Jahren gestiegen.
00:52:16: Also, es passieren böse Dinger, aber es gibt so viele Leute, die Dinge möglich machen, die über den Schatten springen an einer ganz kleinen Stelle, die doch so eben doch gar nicht so klein ist und so hilfreich ist.
00:52:26: Also, mein Zuhause rauszuholen in Menschen ist in den letzten fünfundzwanzig Dienstjahren massiv gewachsen.
00:52:30: Wenn einer was Böses tut, gibt es vier Leute, die über den Schatten
00:52:32: springen.
00:52:34: Du hast gerade ein Thema aufgebracht, auf das ich auch noch kommen wollte.
00:52:37: Du bist ja auch evangelischer Pfarrer.
00:52:39: Und ich mein, Gott ist natürlich gerade, also ich mein, wann ist dieses Thema uns näher, als wenn jemand stirbt, also auch was passiert mit uns nach dem Tod und so weiter.
00:52:49: Gleichzeitig stelle ich mir das extrem schwer und herausfordernd vor.
00:52:53: Zum Beispiel in der Situation, dass Kind wurde ermordet.
00:52:57: Der ist ja mal wahrscheinlich bei vielen Leuten die erste Reaktion.
00:53:01: Wie soll's denn Gott geben?
00:53:03: wenn so was passiert.
00:53:06: Du hast gerade gesagt, dir hilft der Glaube total in solchen Momenten.
00:53:10: Aber wie gehst du damit um?
00:53:13: Wie guckt man auch?
00:53:14: Also, da muss man ja wahrscheinlich gucken, kann ich Leute auf dieser Ebene erreichen oder nicht?
00:53:18: Also, ist das für dich ein Thema oder nicht?
00:53:21: Und hast du nicht selber auch mal so Momente, wo du dann irgendwie denkst, ja, scheiße, vielleicht gibt's ihn eben doch nicht, wenn ich hier sehe, was hier gerade für eine Wahnsinnskatastrophe passiert
00:53:32: ist.
00:53:32: Ich bin ein Stink sauer auf ihn.
00:53:34: Okay.
00:53:35: Verständlich.
00:53:35: Und das bleibe ich in diesem Leben auch.
00:53:38: Ich habe aber gleichzeitig die Hoffnung, dass er mir irgendwann die Antwort gibt.
00:53:42: Und das hat für mich zwei Dimensionen.
00:53:43: das eine, was du gesagt hast.
00:53:44: Ich glaube, in der Situation hilft Glauben eben nicht.
00:53:46: Weil auch wenn mein Kind jetzt bei Gott ist, dann will ich morgen mit dem hier ins Schwimmbad.
00:53:50: Das ist mir im ersten Moment ziemlich wuppende, ob der jetzt bei Gott da weg ist.
00:53:54: Mein Kind ist erst mal weg und fehlt mir.
00:53:56: Und ich glaube, das ist für gläubige Menschen eher tatsächlich insofern noch eine Krise.
00:54:00: Also eigentlich haben die den Baustellen mehr in so einer Situation, weil sie bis jetzt geglaubt haben, ihr... Glauben.
00:54:05: würde er das entweder verhindern und oder ihnen helfen in der Situation und es tut es im ersten Moment nicht im weiteren Verlauf schon, weil es ein anderer umgehensweise ist und wir haben in unserer Freumlichkeit in Deutschland haben wir die Figur verloren, dass man sauber auf Gott ist.
00:54:21: oder das Zweifeln zum Glauben dazugehören.
00:54:23: Das ist auch eine Figur, wenn ich glaube, ich bin, dann habe ich überhaupt keine Zweifel mehr.
00:54:26: Und ich habe mich vor sechszehn Jahre an der Berufsschule, Religionsunterricht und Seelsorge gegeben.
00:54:30: Ich habe gesagt, Leute, es gibt nur eine Art von Menschen, die keine Zweifel haben, das sind die, die nicht an Gott glauben.
00:54:34: Zweifel ist eine lebendige Bewegung von Gott und für mich als Christ ist ganz wichtig.
00:54:38: Sonntags, Oster-Sontag immer so.
00:54:40: manchmal sei Badan daher gesagt, die letzten Worte von Jesus am Kreuz waren, mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
00:54:45: Und da steht schrie er hinter, nicht säuselte er.
00:54:50: Und das ist für mich die Verlässlichkeit.
00:54:51: Also unser Gott hält das aus.
00:54:53: Der war in der Situation und der hat nicht gesagt, alles ist gut, sondern er hat gesagt, er hat an Gott gezweifelt und ist zweifelnd gestorben.
00:55:00: Und das ist für mich die theologische Bewegung.
00:55:02: hat er so einen super schönen Satz gesagt.
00:55:09: Wie hast du das genannt?
00:55:11: Wir können in diesen Momenten, wenn diese Leute aus ihren Katastrophen raus, so eine wahnsinnige Kraft entwickeln und so einen Überlebenswillen.
00:55:18: Volker, dessen Tochter, wie gerade schon angesprochen habe, die da verschleppt wurde, hat zum Beispiel direkt in der Situation, als sie aufgefunden wurde, gesagt, auf diesem Misthaufen sollen Blumen wachsen.
00:55:28: Also dieser Kraft beiwohnen zu dürfen, hat Albi in seiner Predigt gesagt, das ist, als würde er diesem göttlichen Schaff über die Schulter blicken dürfen in dem Moment.
00:55:39: Und das finde ich irgendwie so ein rührendes Bild.
00:55:42: Und vielleicht Albi, magst du aber noch erklären, warum du selbst persönlich auch so sauer auf Gott bist?
00:55:47: Weil das haben wir jetzt im Podcast noch gar nicht
00:55:49: gesprochen.
00:55:50: Ja, das wollte ich jetzt
00:55:51: gerade
00:55:53: ansteigen.
00:55:54: Aber... Wir haben angefangen, die Notfallseese sogar aufzubauen, ist meine Herkunftsfamilie.
00:55:59: Das war bei mir in dem Fall, ich hatte nie jemand anders als meine Eltern, meinen Bruder und die sind alle zusammen in einem Verkehrsunfallungsding gekommen.
00:56:06: Daher gehe ich auch die Säune auf Gott, die es mir persönlich begann.
00:56:10: Das war aber eigentlich letztlich schon vorher und das war für mich immer in der Spiratürtel ganz wichtig zu sagen, ich brauche einen Gegenüber.
00:56:15: Das hat mir mein Supervisor auch erklärt, warum die Gläubigkeit dann wichtig ist, weil ich muss nicht lösen.
00:56:20: Also diese Säuernis hat den Vorteil für mich, zu sagen, Chef, das musste mir wirklich erklären, warum meine Eltern, nachdem die den Weltkrieg überlebt haben, nachdem alle Großeltern gestorben sind, wo meine Eltern, mein Bruder mit Downs sind drum gebunden.
00:56:30: Das war jetzt das einzige, was kein Problem ist.
00:56:31: Aber der dann Knochenkrebs gehabt hat.
00:56:32: und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und und.
00:56:43: Da kommen aber mehrere Schlussfolgerungen für mich raus.
00:56:45: Erst mal, ich bin sauer aufgeholt und er wird mir die Antwort geben und niemand hier auf diesem Planeten sonst.
00:56:50: Also wenn jetzt Laubensbrüder und Schwestern um die Ecke kommen und sagen, Gott prüft oder mir irgendeine Vorschlage machen, was Gott da veranstaltet hat, dann werde ich richtig böse.
00:56:59: Wenn das jemand beantwortet, der Chef persönlich und niemand vom Bodenpersonal.
00:57:03: Gleichzeitig habe ich aber die Hoffnung, dass er mir das sagt.
00:57:06: Aber wie gesagt, nur er und nicht in diesem Leben.
00:57:09: Vorteil als gläubiger Mensch ist, ich habe vorhin von der Schublade gesprochen, das ist in der Schublade.
00:57:14: Das ist da drin und das ist ziemlich gut aufgeschrieben.
00:57:17: Aber ich kann bis dahin weitermachen, weil ich letztlich erhoffe, dass es eine Antwort gibt.
00:57:21: Und ich muss jetzt nicht rauf rumkauen auf einer möglichen Antwort, sondern... Die wird's geben, nicht hier, keiner sagt's mir.
00:57:26: Und bis dahin immer weiter.
00:57:29: Und da sind wir wieder bei dieser Kontrolle, dieses Kontrolle abgeben können.
00:57:32: Deswegen, neulich wurden wir bei einer Lesung gefragt, was hilft denn eigentlich, resilient zu werden, so was besser überleben zu
00:57:39: können?
00:57:39: Das ist immer meine Frage.
00:57:40: Entschuldigung.
00:57:40: Entschuldigung.
00:57:42: Das ist ein Dialog, ein Trialog
00:57:44: geworden.
00:57:45: Absolut.
00:57:45: Ja,
00:57:46: genau.
00:57:46: Also wir wurden das gefragt und das ist natürlich eine super spannende Frage, weil das wollen wir uns ja irgendwie alle beantworten.
00:57:52: Und während ich sage, Helfenhaustiere, weil sie morgens raus müssen und jemanden versorgen müssen, wenn jemand keine Widerworte gibt, sondern sich freut, wenn man kommt, weil man Futter dabei hat, sagt Albi natürlich, wenn wir das an einen Gott abgeben können und sagen, das war schon irgendwie so vorbestimmt oder wie auch immer jemand das interpretieren mag, kann das auch für uns entlasten sein, weil wir sagen, wäre eh passiert, war so vorgesehen, ich muss nicht ganz persönlich in die Kontrolle gehen.
00:58:19: Das ist das Anstrengende, wenn wir nicht glauben, diese Möglichkeit nicht das abzugeben, müssen wir ja jeden Tag selbst auf uns aufpassen, müssen wir eh.
00:58:28: Uns wird nicht alles abgenommen.
00:58:30: Aber das kann ein Resilienzfaktor sein.
00:58:33: Du hattest aber auch noch mehrere Beispiele, was noch helfen kann.
00:58:37: Ja, also wie gesagt, dieses Abgeben können, das ist ja das in den Momenten, wo ich keine Kontrolle setze, aber etwas, was Kontrolle hat und ist letztlich gut mein Voraus.
00:58:45: Das ist ja genau dieses Abgeben, da muss ich nicht für die Kontrolle sorgen.
00:58:48: Man kann weiter für das Sorgen, was ich beeinflussen kann.
00:58:51: den Rest abdelegieren.
00:58:52: So die Forschung hat so ein paar Sachen, die augenscheinlich résilienter machen.
00:58:56: Ich bin immer vorsichtig, weil das nicht der goldene Weg ist.
00:58:58: Mach das, dann bist du résilient.
00:58:59: Das ist nämlich nicht der Unkehrschluss.
00:59:01: Aber es gibt ein paar Sachen, die das begünstigen.
00:59:03: Und das ist auf jeden Fall, hat man rausgefunden, wenn ich die ersten vier Lebensjahre in einem sicheren und geliebten Umfeld verbringe.
00:59:11: Wer mich da lieb hat, ist ziemlich egal.
00:59:13: Also manchmal so Eltern fixiert sind, das kann auch die Großmutter sein.
00:59:16: Das ist in alten Generationen ja ganz oft wahr.
00:59:20: und in einem sicheren Umfeld.
00:59:21: Das heißt jetzt nicht reich, sondern einfach das Gesicht weiß, dass ich täglich satt werde und dass mir keine Bomben auf den Kopf hauen.
00:59:28: Das hilft bei der Resilienz.
00:59:30: Irgendeine spirituelle Vorstellung, welche ist egal.
00:59:33: Kreativität, das hat man früher Intelligenz genannt, das ist aber nicht gemeint.
00:59:37: Es gibt sehr kreative Menschen mit Down-Syndrom, es gibt furchtbar unkreative Physik-Professoren.
00:59:41: Entschuldigung, an alle Physik-Professoren an dieser Stelle.
00:59:45: Dass ich verschiedene Wege habe, Dinge zu bearbeiten, das ist eigentlich letztlich damit gemeint.
00:59:50: Untenstabiles Umfeld hilft auch.
00:59:53: Aber ich kann mit Kinder heim aufgewachsen sein, keine Freunde haben, überhaupt nicht kreativ sein.
00:59:59: Ich kriege keinen Trauma und habe trotzdem die Resilienz.
01:00:02: und ich kann aus einer fröhlichen, bürgerlichen Familie kommen und einen künstlerischen Beruf haben und einen dicken Freundeskreis.
01:00:07: und ich werde trotzdem Trauma.
01:00:08: Das ist keine Garantie, aber diese Faktoren, gesicherte Kindheit, Spiritualität, Kreativität, Freundeskreis, stabiler Freundeskreis.
01:00:16: Scheinen positiv sich auf die Resilienz auszuwählen.
01:00:19: Ich bin da so vorsichtig um, damit man das nicht als Druckknopf versteht.
01:00:23: Ich glaube, das ist ja auch noch mal eine ganz wichtige Botschaft zu sagen.
01:00:26: Weil du jetzt vielleicht in der Situation weniger resilient bist als andere.
01:00:31: Ist das nicht deine Schuld oder ist das nicht dein Versagen?
01:00:34: Das habe ich auf jeden Fall auch aus allem rausgelesen, was ihr geschrieben habt.
01:00:40: Das ist eigentlich, was du gerade beschrieben hast, solche Personen sind das dann auch die, die sich gut für die Notfallseelsorge eignen?
01:00:47: Das ist auch sehr... Wirklich sehr individuell.
01:00:49: Dieser hat es ja schon gesagt.
01:00:51: Also ich finde unser System in Bonn-Rhein-Sieg aber auch andere Systeme, die ich kenne, leben eigentlich von der Buntheit der Menschen.
01:00:59: Das ganz viele Erfahrungen und da kann auch eine positive, überstandene, kritische Sachen, wenn ich die gut verpackt habe, kann sogar hilfreich sein.
01:01:08: Ich sage das deswegen, weil manchmal sagt, wenn du was erlebt hast, darfst du es auf keinen Fall machen.
01:01:11: Ich finde, es kommt immer darauf an, wie du damit umgegangen bist.
01:01:14: Und wenn du damit gut umgegangen bist für dich, dann kann das sogar eher eine Ressource sein.
01:01:19: Man muss aber auch nichts erlebt haben, um es richtig zu verstanden.
01:01:21: Also auch das wieder kein Unkehrschluss.
01:01:23: Deswegen am Schluss ist es... das beste Bund zu sein.
01:01:26: Was ich mitbringen sollte, ist auf jeden Fall tatsächlich eine Stabilität für mich, weil ich muss in der Situation, ich darf auf keinen Fall mit den Menschen zusammenbrechen.
01:01:37: Also ich muss wissen, warum ich stark sein kann in der Situation.
01:01:40: Mir ist ganz wichtig, dass die Leute, weil es Ehrenamt ist, mir erklären, welchen Vorteil sie haben.
01:01:44: Das klingt vielleicht immer ein bisschen komisch, aber ich finde es wichtig für die eigene psychische Gesundheit zu sagen, sag mir, was hast du davon, wenn du das machst?
01:01:53: Weil reine Altruismus hält nicht lange vor.
01:01:56: Das macht man ein halbes Jahr.
01:01:57: Wenn man das nur für andere Menschen macht und furchtbar drunter leidet, geht das nicht gut, glaube ich.
01:02:04: Und ansonsten würde ich sagen, man muss Menschen
01:02:08: mögen.
01:02:09: Und trotzdem möchte ich da nochmal gerade kurz rein hüpfen, auch wieder mit einem Beispiel.
01:02:14: Wir selber erleben uns in den Situationen ja selbst wirksam.
01:02:18: Wir können ja was, ne?
01:02:19: Wir sind in einer Aufgabe drin.
01:02:21: Ganz viele sagen mir, oh, ich könnte das ja nicht, ich würde mitholen.
01:02:25: Man holt nicht mit, wenn man sich auf eine andere Person konzentriert.
01:02:29: Du gehst ja nicht mit ihr in die Situation, sondern beobachtest, wie reagiert die Person, was kann ihr helfen, was kann ich ihr noch erklären?
01:02:36: Man ist also in einer Aufgabe drin.
01:02:39: Ich habe das neulich gemerkt bei einer Begleitung.
01:02:41: Da konnte ich unheimlich gut helfen und zuhören.
01:02:44: Und dann gab es eine Situation, dann wurde die verstorbene Person rausgetragen vom Polizeibestatter.
01:02:51: Und wir haben gesagt, wir stellen uns einfach dahin und gucken nochmal und nehmen für uns Abschied.
01:02:56: Und in der Situation hatte ich dann kurz keine Aufgabe, weil einfach alle nochmal.
01:03:01: Und da muss man dann gucken, dass man, da krieg auch ich ein Klos im Hals, dann wenn ich selber nicht in der Aufgabe bin, die habe ich relativ schnell wieder zurückgekriegt.
01:03:09: weil dann wollte er wieder ins Gespräch gehen.
01:03:11: Aber in so einer Situation, wo sich es entspannt, wird es dann auch für uns emotional, weil wir dann plötzlich raus aus unserer Rolle gehen und rein ins, oh, hier wird gerade Abschied genommen und alle werden ganz laut und alle weinen.
01:03:22: Und da hat Albi auch so ein schönes Beispiel aus der Flut genannt.
01:03:25: Also es waren am Ende nicht zum größten Teil nicht die Helfenden traumatisiert oder zumindest in traumatischem Stress die.
01:03:34: wirklich schwierige Situationen erlebt haben und vielleicht sogar einen Körper geborgen haben, sondern die, die sich mit dem Unimog auf dem Weg dahin festgefahren haben und nicht helfen konnten.
01:03:46: Dieses Helfen können.
01:03:49: Und vor Ort ein Angebot machen können.
01:03:51: Das ist das, was wir mitnehmen können.
01:03:53: Und das hilft uns normalerweise, auch wenn wir erzählen in einem Kapitel von einer Polizistin, die dann doch auch mal bei der Todesnachrichtüberbringung mitgeweint hat.
01:04:03: Und das aber wieder eine gute Situation war.
01:04:06: Sie war kurz raus aus ihrer Rolle.
01:04:08: Sie hatte den Täter schon verhaftet.
01:04:10: Sie durfte sich kurz ums Kind kümmern.
01:04:13: konnte kurz raus, weil ein Notfallseelsorger kam, um die Todesnachricht zu dem Kind zu überbringen.
01:04:17: Und da war sie natürlich auch gerade in keiner Funktion.
01:04:20: Und hat dann mitgeweckt.
01:04:21: Und das war aber eine Erlaubnis fürs Kind.
01:04:23: Das Kind hat gesehen, oh, die Frau hat gerade meinen Papa verhaftet, die Krasse braut.
01:04:28: Und wenn die Gefühl ist, darf ich das auch.
01:04:30: Das war dann in dem Fall wieder eine Erlaubnis.
01:04:32: Also, wir dürfen natürlich nicht zusammenbrechen und einfach mithäulen und aus dem Boden und wütend werden.
01:04:39: Aber ... Eine Träne ist überhaupt kein Problem, ne?
01:04:42: Also wenn das dann mal passiert, nur in den meisten Fällen passiert es nicht.
01:04:46: Also ich sage immer, man muss lernen, nahe bei den Menschen und weit weg von dem, was passiert ist, zu sein.
01:04:51: Und das ist ein leichter Satz, der ist schwer auszutennen, aber ich kenne das auch.
01:04:55: Ich bin bei Filmen zum Beispiel eine totale Holzuse und also sogar wenn ich Bombi kucke, muss ich heulen und ärger mich, dass ich heulen muss.
01:05:01: Aber ich glaube, ich hätte kein Problem mit Bambi, eine Intervention zu fahren, was wir jetzt machen, wenn ihre Mutter tot ist.
01:05:08: Dann würde ich da sehr rational durch die Situation gehen.
01:05:11: Wenn ich Bambi angucke als Film, dann heul ich...
01:05:15: Und deswegen ist es aber auch so wichtig, dass wir nicht unseren eigenen Freundeskreis begleiten, wenn wir selbst betroffen sind.
01:05:20: Also dann bin ich ja selbst in einer Verletzung und ich als verletzte Person kümmer mich ja nicht um die anderen Verletzten.
01:05:27: Das noch mal vielleicht als wichtigen Hinweis, wenn ich selber drin bin, bin ich nicht die Trauerbegleitung, die in die Familie gehen sollte, sondern dann bin ich ja selbst in der Trauer und selbst betroffen.
01:05:36: Und das ist ein ganz anderer.
01:05:37: Ein ganz anderer Schnack,
01:05:38: das find ich einleuchtend.
01:05:41: Das könnte ja gar nicht funktionieren.
01:05:42: Könnt ihr vielleicht, weil wir sind jetzt hier schon über einer Stunde zum Abschluss noch mal für alle, vielleicht die mit Menschen in einer solchen Situation in Kontakt treten wollen, vielleicht denen mal drei Tipps noch mal zusammengefasst mit auf den Weg geben, woran man vielleicht denken soll, wenn man jemandem entgegentritt, der gerade zum Beispiel so eine schlimme Todesnachricht erhalten hat.
01:06:05: Einfach noch mal als kleinen Wegweiser, um das noch mal aufzugreifen.
01:06:09: Also als erstes würde ich sagen, kein Trost.
01:06:12: Doppelt.
01:06:12: Es gibt keinen Trost in der Situation.
01:06:15: Und Trost findet man nur für sich selbst.
01:06:17: Also das ist jetzt, du hast gewartet, nach einem Tipp, ich dachte, was man nicht tun soll, aber das finde ich in dem Moment ganz wichtig.
01:06:22: Kein Trost.
01:06:23: Und echt bleiben.
01:06:25: Die Leute merken, dass eh Menschen, die gerade in der Krise stecken, haben ganz feine Antennen.
01:06:28: Wenn ich irgendwas vorspiele, also direkt lassen und was dem Menschen hilft, die sind gerade echt, die müssen echt sein, dann hilft es, wenn ich echt bin.
01:06:36: Und ich muss stark genug sein, das auszuhalten.
01:06:37: Das erlebe ich auch.
01:06:38: Wenn ich mich verschätze, ist dem Betroffenen überhaupt nichts, wenn die nachher mich trösten müssen.
01:06:43: Und da muss ich ehrlich zu mir sein, wenn ich noch nicht fett genug bin, wenn das passiert ist es überhaupt nicht schlimm.
01:06:48: Das ist ein Zeichen von Höhe ein Partie.
01:06:50: Aber wenn ich dahin gehe, muss ich mit aushalten.
01:06:52: können und dann muss ich die Kraft haben.
01:06:53: Also das werden so meine drei authentisch sein.
01:06:55: Keinen Trost und ich muss stabil sein.
01:06:58: Ich würde sagen, seid ehrlich, bleibt dran und geht, wenn es nicht mehr gewünscht ist.
01:07:03: Super.
01:07:04: Vielen Dank.
01:07:05: Ich danke euch sehr für dieses Gespräch, über dieses wirklich wahnsinnig wichtige Thema.
01:07:08: Ich sage nochmal, das Buch heißt und plötzlich ist nichts mehr, wie es war.
01:07:12: Es war Fischer erschienen und kann ich jedem nur sehr ans Herz legen.
01:07:17: Vielen Dank für das Gespräch.
01:07:19: Danke.
01:07:20: Ihnen sage ich vielen Dank fürs Zuhören und bis bald Feedback oder auch Torkastvorschläge.
01:07:25: Gerne an anne.burgmehr.kstarmedien.de.
01:07:30: Und die nächste Folge Talk mit Kara gibt's nächsten Donnerstag um sieben
01:07:46: Uhr.
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