Warum ist der Hass auf Frauen in unserer Gesellschaft so groß, Rebekka Endler? Die Autorin und Journalistin im Gespräch.
Shownotes
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Transkript anzeigen
00:00:00: Uns wurde dann unterstellt, wir hatten eine Hexenverfolgung gemacht und da war der deutsche Philosoph Räufer im Eilenberger, hat von einem Todesmarsch gesprochen, auf den die ARD Tilumischke geschickt hätte und wir seinen Hysterikerinnen gewesen.
00:00:15: Also wir haben dafür sehr viel auch einstecken müssen.
00:00:34: Mein Name ist Anne Burgmar und ich moderiere diesen Podcast im Wechsel mit meiner Kollegin Sarah Brasack.
00:00:39: Und das Prinzip von Talk mit Kar ist denkbar einfach.
00:00:42: Wir sprechen mit interessanten Menschen aus Köln.
00:00:45: Zu Gast ist heute die Autorin und Journalistin Rebecca Endler, die ihr tolles Buch Witches, Bitches, It Girls mitgebracht hat.
00:00:52: Darin setzt sie sich mit patriarchalen Mythen durch die, ja man muss sagen, Jahrtausende auseinander und zeigt auf, wie sie uns bis heute prägen.
00:00:59: Darüber wollen wir reden, aber erst sage ich herzlich willkommen, liebe Rebecca.
00:01:02: Danke für die Einladung, Anne.
00:01:04: Wir sind beide in den Achtzigern geboren, du vierundachtzig, ich paar Jahre vorher und somit zur selben Zeit sozialisiert worden.
00:01:11: Und bei mir war das so, dass ich irgendwie lange dachte.
00:01:16: Feminismus hat mit mir eigentlich.
00:01:18: gar nix zu tun.
00:01:19: Ich kann machen, was mein Bruder macht, ich hab dieselben Rechte, ich kann studieren, ich kann das alles tun.
00:01:25: Feministinnen sind irgendwelche komischen Frauen in die Lalatzhosen und die Zeit liegt irgendwie hinter uns.
00:01:30: Und es hat mich ein bisschen beruhigt, dass ich in der Beschäftigung mit deinem Buch und auch mit Interviews mit dir gemerkt habe.
00:01:35: Das war bei dir ganz ähnlich, oder?
00:01:37: Ja, komplett.
00:01:38: Also, Feministinnen, das hatte sowas Verbissenes.
00:01:43: Das waren ... Frustige Emanzen, so wurde uns das erzählt und so habe ich das auch lange geglaubt.
00:01:50: Also ich dachte, genau weil man uns das erzählt hat, dass wir gleichberechtigt sind, das ist so die dominante Erzählung der neunziger Jahre und auch der zweitausender gewesen, weil wir tatsächlich auf dem Papier durch die zweitfeministische Welle viel erreicht haben.
00:02:10: Und das ist auch gleichzeitig das Problem, dass wir uns da gesellschaftlich... lange darauf ausgeruht haben auf dieses Wohlfühlmärchen, das uns erzählt wurde bis, dann doch viele von uns teilweise biografisch bedingt.
00:02:25: Also beispielsweise durch Schwangerschaften oder durch Erfahrungen in Partnerschaft oder im Berufsleben, teilweise aber auch erweckt einfach durch andere feministische Literatur und feministische Studien, also akademische Bildung, dann plötzlich gemerkt haben, Moment, diese gängige Erzählung von, wir haben alles, wir sind gleich berechtigt, das ist eigentlich ein Märchen.
00:02:54: dazu eben ausgedacht wurde, um uns in dieser, ich sag mal, vermeintlichen Behaglichkeitsfalle zu halten.
00:03:04: Das hat aber de facto mit unserer gelebten Realität, je nachdem zu welcher sozialen Klasse wir gehören, welche Herkunft wir haben, welche Sprachen wir sprechen, welche Hautfarbe wir haben, welche sexuelle Anziehung wir haben, welche geschlechtliche Identität haben, hat das nicht wirklich viel mit unserem Leben zu tun.
00:03:26: Ich habe mich beim Lesen eben wirklich auch oft selbst ertappt gefühlt.
00:03:31: Das fängt an bei so Dingen wie den drei Fragezeichen und der Vorsitzenden des Örtlichen Frauenklubs.
00:03:39: Wie hast du jetzt schon wieder?
00:03:39: Yudora
00:03:40: Kretschmer.
00:03:41: Genau, ich bin nämlich seit ich sehr klein bin, drei Fragezeichen-Fan.
00:03:44: Ich auch.
00:03:45: Genau, und du hast das aber so schön aufgeführt, weil die wahnsinnig lächerlich gemacht wird, muss man sagen, als irgendwie alberne Klatspase dargestellt wird und auch noch ihren Töchtern bescheuerte Namen gibt und so.
00:03:56: Und mir ist aber da, dann hab ich das gelesen, hab wieder so realisiert.
00:04:00: Mir ist das eigentlich früher nicht so aufgefallen.
00:04:03: Und das war auch bei anderen Stellen im Buch, als es um Nicole Ritchie ging, so um diese ganzen It-Girls dieser Generation.
00:04:08: Aber auch so Sachen wie, wie man damals auf diesen Vorfall mit Janet Jackson und Justin Timberlake geguckt hat.
00:04:13: Da hab ich immer so gedacht, wenn ich da heute drüber nachgucke, wie ich da damals drauf geguckt hab, hab ich mich echt so ein bisschen ja vor mir selbst, man muss schon fast sagen, erschrocken.
00:04:21: Ja, also mir geht's komplett genauso.
00:04:24: Das sind ja alles Beispiele, die aus meiner Biografie sind.
00:04:28: Mein krasseses oder mein größtes Erlebnis von OH da ist aber was mit mir passiert und ich sehe das anders habe ich bei den Gilmore Girls.
00:04:38: also ich gucke die Gilmore Girls immer noch gerne, aber mittlerweile habe ich fast in jeder Folge, in jedem Erzählstrang so einen Moment, wo ich dachte, wie kann das sein, dass das Anfang der Zweitausende
00:04:51: und so
00:04:51: als, ja, als Pieck feministische, die alleinerziehende Mutter, die ihre Tochter durch die High School und College und Liebesgeschichten und so weiter, und die waren so so female empowerment.
00:05:05: Und gleichzeitig sind beide, sind diese Charaktere alle so geschrieben, dass die eigentlich voller internalisierter Misogynie ist.
00:05:13: Also da wird gegen Dicke gehetzt, da wird gegen andere Alleinstehende gehetzt und also wirklich sämtliche Dinge, die ich auch in meiner eigenen Sozialisation teilweise, also durch meinen Elternhaus, durch mein Umfeld auch wirklich genauso gelernt habe.
00:05:32: Also für mich oder ich muss sagen, ich habe sehr spät erst verstanden, wie sehr mein Bild von anderen Frauen patriarchal geprägt ist.
00:05:46: Und das zu dekodieren, gerade auch in so popkulturellen Dingen zu dekodieren, die mir wichtig sind, ist teilweise extrem ernüchternd, heißt aber auch nicht, dass ich diese Dinge irgendwie von einigen Dingen, muss ich sagen, wenn es Unfassbar problematische Autor-Innen schafften geht oder so kann ich mich gut trennen.
00:06:07: Also zum Beispiel für mich, ich brauche das ganze Harry Potter-Universum nicht.
00:06:12: Also da kann ich einen Cut machen, da sage ich JK Rowling als Autorin überschreitet mit ihrer transfeindlichen Hetze eine Grenze.
00:06:22: Das brauche ich in meinem Leben nicht.
00:06:23: Es gibt genug andere Fantasy-Literatur, die besser geschrieben ist, die die Werte auch verkörpert, die ich habe, die ich an die nächste Generation, also an meine Tochter weitergeben möchte.
00:06:36: Das tut nicht weh.
00:06:37: Bei anderen Dingen wie den Gilmore-Girls, das tut weh, aber davon muss ich mich nicht trennen, sondern ich lerne das einfach, während ich das schaue, einen neuen Blick darauf.
00:06:45: Auch teilweise ein gnädigeren Blick, weil natürlich kann man nicht von... Autorinnern, die das Ganze irgendwie in den Zweitausenden geschrieben haben, dass sie die gleiche Weitsicht haben, wie wir heute haben.
00:06:56: Also wir müssen auch ein bisschen gnädig in die Vergangenheit schauen und gucken, unter welchem Kontext ist das irgendwie entstanden.
00:07:04: Das ist ja auch wichtig.
00:07:05: Also welcher Kontext hat das geprägt?
00:07:07: Und dann damit für sich... Ja, auch einen neuen Zugang zu seinen eigenen Gedanken und Werten zu finden.
00:07:15: Das finde ich total spannend.
00:07:17: Weil du gerade Harry Potter und J.K.
00:07:19: Rowling angesprochen hast und das ist ja auch, glaube ich, für viele tatsächlich ein Problem, sagst du, du kannst sich davon gut trennen, das verstehe ich auch.
00:07:26: Was machst du, wenn deine Tochter das liest, lesen möchte, gucken möchte?
00:07:32: Sprichst du damit der drüber oder wie ist da dein Angang?
00:07:36: Ja, genau, also in meinem speziellen Fall ist das so, dass meine Tochter durch, als sie anfing, ein soziales Bewusstsein zu kriegen.
00:07:46: Das war in der Corona-Pandemie.
00:07:50: Habe ich schon an dem ersten Buch gearbeitet und da wir sehr viel Zeit im Lockdown zusammen verbracht haben und sie extrem neugierig ist, würde ich sagen, hat sie für ihr Alter eine große feministische Bildung quasi.
00:08:05: unfreiwillig mitbekommen, so dass, als sie gefragt hat, was ist denn dieses Harry Potter und warum sehen wir bei H&M alles mit Harry Potter und so weiter?
00:08:14: Ich habe das erklärt, habe ich auch erklärt, dass ich als Kind wahnsinnig gerne gelesen habe, die Bücher geschaut habe, dass ich die Autorin heute aus denen und den Gründen unmöglich finde und habe ihr das so selbst überlassen.
00:08:28: und wenn sie Also es ist jetzt zehn, wenn sie das lesen möchte, dann darf sie das lesen.
00:08:33: Wir können das auch zusammenlesen und zusammen einordnen.
00:08:36: Ich wollte damit nur sagen, für mich hat das nicht mehr diesen Platz in meiner Hall of Fame der Medien und der popkulturellen Geschichten, die mich geprägt haben.
00:08:47: Aber ich finde es auch wichtig, dass wir Dinge, die wir heute schwierig finden, nicht komplett... fast schon zwanghaft in die Tonne kloppen, sondern dass wir mit den nächsten Generationen, mit unseren Kindern auch darüber sprechen.
00:09:06: Da kann ja auch sehr viel darüber gelernt werden, gerade auch in der Beziehung zwischen den Generationen.
00:09:11: Es kann ja sein, dass meine Tochter, wenn sie sechzehn, siebzehn ist, die Dinge komplett anders sieht als ich.
00:09:18: Und dann finde ich es auch wichtig, dass wir dann immer im Austausch miteinander bleiben, weil ... Ich hoffe auch viel von ihr zu lernen, so wie ich jetzt schon, also wie gesagt, ich bin Anfang vierzig.
00:09:27: Und wenn ich mir anschaue, mit welchem Blick.
00:09:32: Gerade Menschen in der Queer community Anfang zwanzig auf soziale Missstände schauen und wie sie Dinge formulieren, dann empfinde ich diese Perspektive als extrem bereichernd und ich kann total viel von denen lernen, so wie sie dann auch auf mich Frau mittleren Alters hoffentlich schauen.
00:09:51: oder ich kriege das Feedback, wenn sie die Bücher lesen und sagen so.
00:09:55: Boah, danke, dass du das so und so formuliert hast.
00:09:58: Das hat mir noch mal eine ganz andere Möglichkeit gegeben, auch über diese Dinge nachzudenken.
00:10:02: Und das ist es eigentlich genauso wie auch ich von Frauenbewegten, die Ministerin in den Achtendsechzigern viel lernen kann und sehr, sehr gerne diese Gespräche führe.
00:10:15: Ich hab das gerade gedacht, weil du das mit den Gilmour-Girls sagst.
00:10:18: Bei mir ist das so ein bisschen mit Sex in the City.
00:10:20: Das war für mich ein Erweckungserlebnis.
00:10:22: Und ich finde da heute auch extrem viel problematisch.
00:10:25: Trotzdem liebe ich das heiß und innig und guckt mir das auch alle paar Jahre noch mal komplett an.
00:10:30: Und ich finde eben auch, man kann sich damit auseinandersetzen.
00:10:32: Man lernt ja auch total viel über sich, über seinen Blick auf die Welt und wie der eben, weil wir glauben ja immer, wir sind so frei in unserem Denken und dann stellst du fest, ach ja, nee, natürlich nicht.
00:10:43: Wir sind natürlich eingebunden.
00:10:44: in diese Strukturen.
00:10:46: Ist ja auch erstaunlich, dass das auch Frauen gerade, finde ich, so schwerfällt, zu sagen, natürlich haben wir ganz viel Misogenie in uns, weil wir nun mal in dieser Gesellschaft aufgewachsen sind.
00:10:56: Das ist, ich finde das ein bisschen wie bei Rassismus, auch wenn immer Leute sagen, ich bin nicht rassistisch und ich denke, ja, aber du bist doch in diesen Strukturen aufgewachsen.
00:11:04: Natürlich ist das Teil deiner Sozialisation gewesen und so ist es ja bei Frauen letztlich auch.
00:11:09: Ja, und es ist auch wichtig, sich klarzumachen, dass Misogynität genauso wie Rassismus natürlich auch eine gesellschaftliche Funktion erfüllt.
00:11:20: Also das ist kein Beiprodukt, sondern das erfüllt die Funktion, eine soziale Hackordnung, eine Hierarchie aufrecht zu erhalten.
00:11:33: Und das ist kein Versehen.
00:11:36: Das ist das, was mich immer so ein bisschen ärgert, als wir dieses... Ah, Multikulti und wir sehen keine Hautfarben und alle Menschen sind gleich ja.
00:11:45: In einer Utopie, in einer Gesellschaft, die ohne Kontext irgendwie von ad hoc geboren wird, mag das irgendwann einmal Realität sein.
00:11:56: Aber wir sind eine Gesellschaft, die einfach seit mehr als zweihundert Jahren von diesen Hierarchiesystemen geprägt wurde.
00:12:05: Das kann man nicht einfach wieder rausrechnen, auch wenn sich einzelne Leute Einbilden, dass sie das können.
00:12:11: So einfach ist es leider nicht.
00:12:14: Du hast dieses Buch, das ist dein zweites Buch, das erste Buch ist das Patriarchat der Dinge, wo es eben darum geht, wo du so erklärst ganz oft, auch an wirklich so alltäglichen Sachen, wie sehr eigentlich unsere Welt, in der wir leben, auf Männer ausgerichtet ist, gibt es ja ganz viele Beispiele im Gesundheitswesen, was weiß ich aber auch jetzt, Crash Test, Dummies oder was auch immer, und hast gesagt, dass sozusagen das neue Buch eigentlich der logische Schritt war nach diesem Buch.
00:12:41: Warum?
00:12:41: Erklär das mal bitte.
00:12:43: Ich hatte das große Glück, mit dem ersten Buch wahnsinnig viele Lesungen machen zu dürfen und ich habe darin versucht zu zeigen, wie geprägt unser Alltagsdesign ist und wie sehr der Mann die Norm ist.
00:13:02: Und dann hatte ich am Ende aller Lesungen, haben sich Menschen gemeldet mit der absolut zwingenden logischen Frage, Okay, du hast uns jetzt gezeigt, dass es so ist.
00:13:14: Aber warum ist es eigentlich immer noch so?
00:13:17: Wir haben ganz zum Anfang des Gesprächs gesagt, wir haben seit zweihundert Jahren das Wahlrecht und jeder Frau ist es theoretisch möglich, ein politisches Amt anzustreben und Veränderung zu schaffen.
00:13:32: Warum leben wir immer noch in diesem patriarchalen System?
00:13:36: Und ich geriet dann immer so ein bisschen ins Schwimmen, weil ich versucht habe, etwas von Patriarchat und Kapitalismus und wie gut das alles zusammenarbeitet.
00:13:45: Aber ich konnte mir dann selbst irgendwann nicht mehr zuhören, weil ich dachte, du erzählst irgendwas, aber so richtig glaubst du dir selbst nicht oder du hast es noch nicht ganz durchdrungen.
00:13:56: Und von Haus aus bin ich ja Journalistin und deswegen ist es eigentlich ... Das größte Glück bei unserer Arbeit, wenn wir so eine Frage haben von irgendwas, was wir nicht ganz durchdrungen haben, dann einfach Nachforschung anzustellen und versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen.
00:14:12: Und erst war das so eine extrem große Frage.
00:14:16: Was ist das Patriarchat und wie funktioniert es?
00:14:19: Und dann habe ich gemerkt, durch die gesellschaftlichen Veränderungen, also ich habe an diesem Buch sehr viel länger gearbeitet als eigentlich ausgemacht worden.
00:14:27: Es hat drei Jahre gedauert, weil eben in diesen drei Jahren auch wahnsinnig viel passiert ist.
00:14:33: Das war einerseits für mich... Gut, weil es interessant war.
00:14:37: Gleichzeitig führt auch kein Weg, darum rum zu sagen, die Lage hat sich verschlimmert.
00:14:42: Also wir erleben gerade einen Rechtsruck und damit einhergehen, auch eine Rückkehr zu einer patriarchaleren Gesellschaft, von der wir angenommen haben, dass wir sie schon überwunden haben.
00:14:53: Aber Surprise ist es zurück.
00:14:58: Dann mit einem journalistischen Blick drauf zu schauen, was sind eigentlich die Geschichten, die das Patriarchat uns glauben machen möchte?
00:15:05: Was sind die Mythen, die uns als Gesellschaft prägen?
00:15:08: Und was ist die Rezeptur dieser Erzählung?
00:15:11: Im Verwaltung heißt es so das Narrativ, also das Storytelling.
00:15:16: Und wir beschäftigen uns ja als Journalistinnen immer sehr viel mit Storytelling.
00:15:20: Wie kann man eine Geschichte möglichst gut erzählen, damit sie möglichst von vielen Menschen auch zugänglich gemacht wird, interessant und unterhaltsam gefunden wird und gleichzeitig auch die Information weitergetragen wird.
00:15:31: Und sich das ein bisschen anzugucken, das hatte ich mir dann zur Aufgabe gemacht.
00:15:36: Das schien mir einfach... als ich das dann hatte, als Forschungsfrage so total zwingend und logisch, weil wir eben verstärkt unter rechter Propaganda im Moment stehen.
00:15:50: Ich will über diesen Rechtsrück gleich natürlich auf jeden Fall auch nochmal reden, aber ich finde auch interessant, was du gesagt hast, weil mir das auch so geht.
00:15:58: Ich habe, sind wir wieder auch bei dem Thema, ich habe früher gedacht, dass mein Gefühl war immer so, Errungenschaften, Die hat man einmal erreicht, dann ist man eine Stufe höher und dann geht man die nächste Stufe höher.
00:16:11: Und ich weiß natürlich, dass das naiv ist, aber das war für mich schon echt eine schmerzhafte Erfahrung, dann irgendwann zu lernen in der Beschäftigung mit diesen Themen, mit Büchern wie deinem.
00:16:20: Stimmt natürlich nicht.
00:16:22: Ja, weil das ein klassisches Erzählsystem ist.
00:16:24: So funktionieren Computerspiele, so funktionieren Heldengeschichten.
00:16:28: Also der Fortschritt, es geht immer in eine Richtung.
00:16:31: Und auch das ist das, was uns genau, gleiche Generation, was uns erzählt wurde.
00:16:37: Gerade in Deutschland, in der Nachkriegszeit, als wir vom Wirtschaftswachstum und dem Wirtschaftswunder Deutschland, und wir alle haben gedacht, unsere Elterngenerationen, sowieso, weil für die war es ja tatsächlich auch eine Realität, es gab plötzlich immer mehr Möglichkeiten, Grenzen haben sich geöffnet, wirtschaftlich lief es für viele auch besser als vorher.
00:17:00: Natürlich nicht für alle, dann kann das nicht so generalisieren.
00:17:04: Für viele Deutsche lief es einfach mehrere Jahrzehnte lang sehr, sehr gut.
00:17:09: Und deswegen ist es auch einfach zu glauben, dass es so einen linearen Fortschritt gibt und dass Errungenschaften, ich sag jetzt mal, in Stein gemeißelt sind, dass man uns das nicht wegnehmen kann.
00:17:20: Und dann festzustellen, Hoppala, das ist eigentlich ganz anders und Geschichte funktioniert auch nicht linear, sondern es ist in Wellen.
00:17:28: Formen.
00:17:29: Und man kann als Gesellschaft zwei Schritte nach vorne gehen, aber man kann auch einen Schritt zurückfallen und schlimmstenfalls kann man eben auch fünf, sechs Schritte zurückfallen.
00:17:37: Also das könnten uns Zeitzeuginnen der neunzehnhundertzwanziger und dreißiger Jahre auch sehr gut erzählen.
00:17:44: Also wir haben auch parallelen gerade jetzt zu... der Zeit vor der Machtergreifung der Nazis, wie Leute gedacht haben auch über ihr Leben und so.
00:17:57: Das ist gar nicht so unähnlich unserem und das ist auch extrem besorgniserregend.
00:18:04: Wie bist du es denn angegangen?
00:18:06: Weil ich habe gesagt in der Einleitung eigentlich muss man sagen du hast es fast durch die Jahrtausende betrachtet diese Fragen, weil man kann natürlich nicht sagen.
00:18:14: Ich schaue mir das jetzt mal in der Gegenwart an und dann analysiere ich das und dann erkläre ich das mal, weil ja alles natürlich erst mit allem zusammenhängt und ja auch oft wirklich über Jahrhunderte oder Jahrtausende bisschen die Vergangenheit reicht.
00:18:29: Also hast du da nicht irgendwann auch mal davor gesessen und gedacht, das ist ein solcher Berg.
00:18:33: Ich weiß gar nicht, wie ich den besteigen soll.
00:18:35: Doch die allermeiste Zeit.
00:18:37: Ja, ich habe ja schon beim ersten Buch ... mich, weil auch da also Patrick als Alltagdesign ist überall und das hätte auch eine NC Groupie, die werden können, an der ich mein ganzes Leben lang arbeite.
00:18:51: Deswegen ist es wichtig für mich so als Arbeitsmethode zu überlegen, ich arbeite sehr viel von Hölzchen aufs Stöckchen und ich bin eigentlich sehr egocentrisch.
00:19:05: Einfach nur getrieben von den Dingen, die ich spannend finde.
00:19:08: Eigentlich schreibe ich in erster Linie Bücher für mich, weil ich irgendwas verstehen möchte.
00:19:12: Und dann schreibe ich über die Dinge, die ich interessant finde und vertraue darauf, dass andere Menschen das vielleicht auch so interessant finden.
00:19:19: Manchmal gelingt es, manchmal gelingt es nicht.
00:19:21: Manchmal ist es so, dass meine Lektorin sagt, Rebecca!
00:19:24: Zwarzig Seiten über American Wrestling muss das sein, können wir das irgendwie... Ich habe da viel gelernt.
00:19:32: Ja, aber das ist also nicht alles und das ist auch völlig okay.
00:19:35: Nicht alles, was ich total spannend finde, finden alle anderen Menschen auch spannend.
00:19:41: Und gleichzeitig... Das ist mir beim ersten Buch sehr klar aufgegangen, nachdem das irgendwie veröffentlicht wurde, wie viele Personen sich gemeldet haben und gesagt haben, warum hast du denn gar nicht darüber geschrieben?
00:19:54: Das sind dann Bereiche, mit denen ich gar nicht in Berührung gekommen bin.
00:20:00: Ich hätte ein ganzes Kapitel füllen können über patriarchales Design in Frauengefängnissen.
00:20:05: Nur war das ein Bereich, mit dem ich nicht in Berührung gekommen bin, was nicht zu meiner, also ich habe natürlichen beschränkten Horizont und deswegen kann ich nicht an alles denken.
00:20:15: Oder patriarchales Design von illegalen Drogen.
00:20:18: Das Dunkelfeld, also es ist so, dass selbst Ex-Tasitabellen dass selbst Ecstasy-Tabletten illegale Drohme auch auf einen Mann geeicht sind, weswegen bei einer Überdosis tatsächlich mehr cisweibliche Frauen sterben, obwohl es insgesamt mehr männliche, cismännliche Drogentote gibt.
00:20:39: Aber diese ganzen Bereiche, die gehören jetzt weniger zu meinem Alltag und deswegen ... habe ich sie leider beim ersten Mal übersehen.
00:20:46: Das sind dann Dinge, an denen ich dann nacharbeite und die ich dann nachträglich in zukünftigen Versionen noch einfüge.
00:20:52: Aber das zu, also meine Methodik ist tatsächlich sehr egocentrisch.
00:20:59: Ja, finde ich total interessant, weil es ist eben auch wieder genau das, man denkt ja, ich habe jetzt quasi, jetzt habe ich alles im Blick.
00:21:05: Ich bin ja irgendwie offen und versuche alles abzudenken, ist genau wie du sagst.
00:21:09: Also jetzt zum Beispiel der Gedanke mit den Gefängnissen, muss ich gestehen, da habe ich noch nie in meinem ganzen Leben drüber nachgedacht, dass das so sein könnte.
00:21:16: Und auch das mit Access Jesus wusste ich einfach nicht.
00:21:18: Also
00:21:19: auf das Thema mit den Frauengefängnissen bin ich sowieso nur gekommen, weil eine türkische Journalistin und Filmemacherin Cidem Marta eben seit einiger Zeit in Haft sitzt, weil sie ein Dokumentarfilm über die GESI-Proteste machen wollte, den sie nicht realisiert hat, weil sie vorher eben gefangen genommen wurde und sie mein Buch auf türkisch gelesen hat und dann davon inspiriert ein ganzes Kapitel, dem hinzugefügt hat über das patriarchale Design von türkischen Frauengefängnissen.
00:21:49: Was zum Beispiel auch mit eingeschlossen hat, dass den Frauen dort keine Tampons zur Verfügung gestellt wurden, weil gute türkische Frauen keine Tampons benutzen.
00:22:01: Große Anführungszeichen um diesen Satz denken.
00:22:03: Oder dass sie im Gegensatz zu den männlichen Häftlingen ihre Wäsche selbst waschen müssen, wohingegen die männlichen Gefangenen ihre Wäsche nach Hause zu Mama schicken dürfen.
00:22:16: Also solche Dinge.
00:22:17: Da würde ich nie drauf kommen, aber das ist natürlich gelebte Realität von sehr, sehr vielen Personen.
00:22:24: Ich würde mal gerne einmal auch über den Titel sprechen, weil ich das interessant finde.
00:22:28: Also wir haben witches, bitches, it girls und das ist, finde ich auch deshalb interessant, weil das alles Begriffe sind, die Frauen nicht für sich selbst gewählt haben.
00:22:36: als Zuschreibung und eigentlich gibt es auch keine wirklichen männlichen Pondants, muss man sagen.
00:22:40: Klar, man hat früher mal von Hexern gesprochen, aber das kann man, finde ich, eigentlich nicht vergleichen.
00:22:45: Also es zeigt sich ja eigentlich schon nur bei diesen drei Bezeichnungen.
00:22:51: dass Frauen nicht mal sozusagen die Begriffe, mit denen man sie denn dann in der Öffentlichkeit wahrnimmt, selbst gewählt haben, oder?
00:22:58: Genau, das sind eigentlich alles drei Begriffe, die die gleiche Facette einer Misogynmedaille sind, wenn man so möchte.
00:23:06: Begriffe, die dazu genutzt wurden im Patriarchat, bestimmte weiblich gelesene Person, die den gesellschaftlichen Norm davon, wie Weiblichkeit sein sollte, nicht entsprochen haben und die deswegen stigmatisiert werden mussten und an den Rand geschoben werden mussten.
00:23:26: Es sind aber auch alles drei Begriffe die dann im Laufe der Zeit so ein Wandel durchgemacht haben.
00:23:34: Denn die Feministinnen der zweiten feministischen Welle haben sich dann inspiriert von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, von dem Civil Rights Movement, abgeschaut, dass Begriffe, die zur Stigmatisierung genutzt werden können, auch ihrer Wirk macht.
00:23:52: ein Stück weit beraubt werden können, wenn man sie sich aneignet.
00:23:55: Wenn man sich hinstellt und stolz sagt, ja, ich bin eine Witch.
00:23:59: Und dann mit dieser schon ikonisch gewonnenen Figur auch arbeitet.
00:24:05: Genauso, wie sich dann später Frauen mit einer selbstbestimmten Sexualität dahingestellt haben und dann gesagt, ja, ich bin ne Bitch.
00:24:13: Du kannst mir gar nix.
00:24:14: Ich bin ne Bitch.
00:24:15: Und übrigens ... Seitdem das Buch jetzt erschienen ist, war er verstärkt auch die deutsche Rapperin Icky Mel in den Medien, weil sie sich eben offener hinstellt und darüber rappt eine Fotze zu sein.
00:24:29: Ein Begriff, der beispielsweise bei mir, als ich das das erste Mal gehört habe, auch wirklich wie so ein Anspannungsgefühl ausgelöst hat, weil Fotze ist ein Wort, das lerne ich jetzt seit ein paar Wochen auch auszusprechen und zu sagen, aber es fühlt sich immer noch komplett verkehrt an und deswegen finde ich das so spannend, dass jüngere Frauen sich dahin stellen und sagen Ne,
00:24:49: ich
00:24:50: sage über mich, ich bin eine Fotze und damit raube ich diesen Begriff dieses Stigma, in dem ich es mir selbst aneigne.
00:24:58: Diese Aneignung hat natürlich auch ihre Grenzen, also die funktionieren manchmal nur in einem bestimmten Kontext und das funktioniert nicht überall und nicht jede Person kann jeden Begriff aneignen, weil auch dazu sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen.
00:25:11: Aber ich finde es als so zylogisches, als so zylogische Praxis total spannend.
00:25:18: Ist interessant, weil geht mir genau wie dir.
00:25:20: Also, wenn ich das Wort Fotzer auszusprechen, das ist wahrscheinlich auch wieder etwas mit der Generation zu tun.
00:25:26: Da muss ich mich echt ein bisschen überwinden.
00:25:28: Also,
00:25:29: auch bei Lesungen je älter das Publikum ist, wenn ich diesen Begriff sage, geht wirklich wie so eine Raunen durch die Menge.
00:25:39: Und ich würde mal behaupten, wenn ich unter wenn alle nur mit den Schultern zucken und sagen Jo.
00:25:49: Da hängt ja auch immer die Frage drin und deswegen fand ich das auch spannend, weil du auch damit einsteigst in ein Buch mit einer Frage, die eigentlich total harmlos daherkommt.
00:25:57: Nämlich was ist eigentlich normal?
00:26:00: Was finden wir normal?
00:26:01: Wie definieren wir normal?
00:26:03: Wir haben alle irgendwie so eine Vorstellung im Kopf von, ja, das ist normal oder das ist nicht normal.
00:26:09: Und da ist aber eigentlich schon das erste große Problem, oder?
00:26:13: Ja, damit einzusteigen war für mich insofern so wichtig, weil der Begriff von normal, obwohl ich ja gerade aus der Recherche zu dem ersten Buch kam, wo es um männlich zentriertes Design ging, nie über den Begriff der Normalität und welche Wirkmacht von dem ausgeht nachgedacht hatte.
00:26:41: Und ich glaube, dass eine Dekonstruktion dessen, was wir in Anführungszeichen als normal bezeichnen und die Privilegien, die dahinter sind, wenn wir uns die anschauen, eigentlich ... sehr viel damit gewonnen ist, weil so etwas wie Normalität gibt es nicht.
00:27:05: Normalität ist ein Konstrukt, was eben dazu führt, dass bestimmte Menschen dazugehören und andere Gruppen ausgeschlossen werden.
00:27:14: Und gerade im Kontext von Queerenrechten, von Rechten, von Transinter und nichtbinären Personen hat dieser Begriff der in Anführungszeichen normalen Frau und das normalen Mann ist, in den letzten Jahren eine Gewalt entwickelt, die, glaube ich, für viele Menschen, die sich nicht so eingängig damit beschäftigt hat, tatsächlich unsichtbar ist, die aber dennoch real und sehr wirkmächtig ist.
00:27:47: Und deswegen, weil ich mit diesen Menschen auch bei meinen Veranstaltungen häufig zu tun habe, wollte ich das direkt in das erste Kapitel mit reinbringen, weil ich darin einen ganz, ganz zentralen Punkt
00:28:04: dieses
00:28:05: Rechtsruck und die Eintrittskarte in die gesellschaftliche Mitte sehe.
00:28:10: Warum glaubst du, macht das so vielen Leuten so viel Angst?
00:28:14: Also ich teile deine Analyse da und wir erleben das ja auch, aber ich frage mich immer, also wie jemand anders
00:28:21: sich
00:28:22: fühlt.
00:28:24: Er oder sie liebt, welche geschlechtliche Identität jemand hat.
00:28:27: Hat ja mit mir als Person überhaupt nichts zu tun.
00:28:30: Also es könnte mir ja eigentlich egal sein.
00:28:33: Also egal im Sinne von du lebst eben so wie du bist und wie du sein möchtest und ich lebe so wie ich bin.
00:28:39: Aber das ist ja direkt immer oder nicht immer, aber bei vielen Menschen mit so einem Bedrohungsgefühl verbunden.
00:28:45: Weil sie diese klaren Kategorien brauchen in einer immer... komplizierter werdenden welt.
00:28:52: oder wie erklärst du dir das?
00:28:53: ich glaube nicht dass wir die brauchen und ich glaube dass dieses bedrohungsgefühl nichts ist was dem menschen in herent ist.
00:29:01: also dass menschen die mit trans menschen noch nicht in berührung gekommen sind und die aber auch mit rechter propaganda nicht in berührung gekommen ist den kann das alles herzlich egal sein.
00:29:13: ja also da ist es genauso wie du gesagt hast dann so warum sollte mich das jucken?
00:29:17: Es juckt sehr viele Menschen, weil wir seit Jahren erleben, dass von rechts
00:29:24: extrem
00:29:25: gegen diese Menschen gehetzt werden, dass sie als Gefahr für die Kinder inszeniert werden, dass sie als Gefahr für Familienwerte inszeniert werden und überhaupt als Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhang.
00:29:39: Es ist aber auch wichtig zu sagen, dass das alles komplett a unwissenschaftlich ist und auch nicht überhaupt gar nicht der Realität der allermeisten Menschen entspricht.
00:29:49: Also Kinder werden nicht dadurch bedroht, dass sie in eine öffentliche Bibliothek gehen und eine Kinderbuchlesung durch eine Drag Queen erleben, sondern das, was wirklich Eine Gefahr für unsere Kinder und für die Generation ist, sind irgendwelche rechten Influencer auf Social Media, die auf Stimmfang unter den ganz, ganz jungen gehen und kleine Jungs zum Misogyn Arschlöchern radikalisieren.
00:30:18: Total.
00:30:18: Ich frage mich halt immer, wie, also, das ist ja auch eine Falle, in die man läuft, finde ich, weil also... wie du ja zu Recht sagst, man macht ein Problem auf, dass gar keins ist.
00:30:29: Und wir sitzen jetzt auch und reden darüber, obwohl wir wissen, dass das nicht stimmt, wie du ja gerade auch dargelegt hast.
00:30:38: Also ich hab oft bei diesen ganzen, auch in anderen Zusammenhängen, aber gerade auch, wenn es um diese Themen Transsexualität oder eben Feminismus geht, das Gefühl, wir laufen den Rechten da teilweise auch in so eine Falle, weil wir das sozusagen mitmachen.
00:30:51: den Diskurs, die sie uns überstülpen.
00:30:52: Auf der anderen Seite denke ich, man kann das ja auch nicht unwidersprochen stehen lassen.
00:30:56: Also wie geht man damit um?
00:30:58: Ja, das ist jetzt eine Frage von journalistischer Verantwortung.
00:31:02: Und ich bin total froh, dass du sie gestellt hast, weil nein, wir müssen nicht über jedes Stöckchen springen.
00:31:10: Und ich finde, es ist ein anderes Thema, aber es gehört dazu, gerade in dieser ganzen Genderdebatte, ob eine Person nun gendert oder nicht.
00:31:19: Und das ist so sehr zu einem künstlichen Politikum gemacht worden.
00:31:23: Und ich muss ganz ehrlich sagen, mir als Feministin, ob eine Person in ihrem Alltag sich damit wohlfühlt zu gendern oder nicht.
00:31:32: Das interessiert mich nicht.
00:31:34: Aber es wird so getan, als ginge es um die Schönheit der Sprache, als ginge es um Inklusivität oder um Verständlichkeit.
00:31:43: Dabei sind das alles einfach nur rechte Talking Points, die wir dann in dieselben, also die wir dann in durch Journalismus in gesellschaftliche Debatten verwandeln und damit viel zu viel Platz einräumen, obwohl das gar nicht so sein müsste.
00:32:03: Und genau so ist das eben, es müsste völlig gesellschaftlich Konsens sein, dass die Rechte von Minderheiten und von Transinter- und Nichtbinärenpersonen natürlich die absolut gleichen Rechte sind wie unsere.
00:32:19: Dass die Menschlichkeit dieser Person so sehr diskutiert wird, ist Da gebe ich dir komplett recht, auch journalistisches Vielfasagen, weil wir das so sehr anstatt einfach zu sagen... Das ist Quatsch.
00:32:33: aus denen und den Gründen, dem so viel Raum gewidmet haben, dass jetzt, was jetzt passiert ist, dass viele Menschen denken, ah, es geht gar nicht mehr um Altersarmut.
00:32:44: Es geht gar nicht mehr darum, dass wir unsere Mieten nicht mehr zahlen können.
00:32:48: Es geht gar nicht mehr darum, dass wir unsere Einkäufe nicht mehr machen können.
00:32:52: Die Sorgen des Inanführungszeichen kleinen Mannes und der kleinen Frau, die interessieren politisch nicht mehr, weil die Rechte von Transmenschen so viel Raum nehmen.
00:33:03: Aber Schuld daran sind rechte Provokateur-Innen, darunter fasse ich eben auch Politiker in, und Journalist-Innen, die das falsch einordnen und die dem einfach viel zu viel Raum.
00:33:15: und dieses, wir müssen immer beide Seiten der Medaille beleuchten, dass es dadurch entsteht, auch das, was man im Englischen ein False-Balancing nennt, also dadurch entsteht Der Eindruck, dass Meinung A und Meinung B genau gleichwertig sind.
00:33:32: Gleiche Problematik haben wir auch in der ganzen Berichterstattung über Klimakatastrophe oder über Impfgegnerinnen und so.
00:33:42: Das ist ein journalistisches Problem.
00:33:44: Also da könnt ihr die Liste der Themen, wo dieses Problem herrscht, ist einfach ellenlang.
00:33:49: Und ich glaube, da müssen wir tatsächlich in der Ausbildung von Journalistinnen nochmal reinfassen.
00:33:56: und auch bessere Bildung schaffen, auch diese Propaganda.
00:34:02: Tatsächlich ist es erstaunlich einfach, wo wie gearbeitet wird.
00:34:07: Das hat sich auch in den letzten Jahrhunderten gar nicht so viel verändert.
00:34:10: Also es ist wirklich kein Hexenwerk, sondern die Rezeptur ist denkbar einfach.
00:34:15: Und ich glaube auch, wenn wir lernen und damit meine ich nicht nur Journalistinnen, sondern damit meine ich alle mündigen Bürgerinnen, diese Dinge zu erkennen, dann verliert so eine Propaganda, die ganze Wirk macht.
00:34:27: Denn wenn man erstmal die Bestandteile kennt und die Zusammensetzung verstanden hat, dann ist das gar nicht so kompliziert.
00:34:32: Und dann kann man eben auch Schlagzeilen wie hoher Anstieg von Ausländerkriminalität, kann man dann für das lesen, was es ist.
00:34:40: Nämlich irgendwie falsch gekochte Statistiken, die hier und da verändert wurden und dann hat man Schlagzeilen und aber dahinter steht im Endeffekt absolut gar nichts.
00:34:50: Aber ist das dann nicht für dich auch in der Beschäftigung jetzt mit deinem Buch und mit den Themen?
00:34:54: Also du hast ja recht, genau, die Rezepte haben sich eigentlich gar nicht groß verändert.
00:34:59: Aber das eigentlich frustrierende ist ja, dass sie immer
00:35:02: noch
00:35:03: so wahnsinnig gut funktionieren.
00:35:05: Also wir sehen es ja jetzt eben wieder.
00:35:08: Und zwar in einer Dynamik, die ich vor fünf Jahren hätte gesagt, das kann ich mir nicht vorstellen, dass es so ist.
00:35:17: Du hast natürlich recht, was wir eben sagten, der Fortschritt ist, eben nie so, man geht die eine Stufe höher.
00:35:22: Aber wie war das für dich dann so in der Auseinandersetzung, damit zu merken, das funktioniert immer noch?
00:35:27: Und siehst du denn irgendwo Punkte, wo du das Gefühl hast, okay, wir kommen aber trotzdem weiter, was diese Themen angeht?
00:35:33: Ja, auch das ist wichtig.
00:35:35: Also es gibt auch diesen Fortschritt immer noch.
00:35:38: Also wir können uns anschauen beispielsweise, wie seit ... Ich glaube sogar mittlerweile seit einem Jahr, die Menschen in Serbien auf die Straße gehen und für ihre Demokratie kämpfen.
00:35:50: Das fing mit ganz jungen Menschen, Studierenden an und mittlerweile durchzieht das alle gesellschaftlichen Schichten.
00:35:56: Und wie mutig die Menschen sind.
00:35:59: Und auch in den USA gibt es wahnsinnig mutige Menschen, die dieser Machtergreifung, diesem autoritären Regime etwas entgegensetzen.
00:36:11: In letzter Zeit immer ganz viel die Rede davon.
00:36:13: Ja, wir brauchen diese ganzen sehr erfolgreichen rechten InfluencerInnen und Podcast Hosts und große MeinungsmacherInnen von rechts.
00:36:26: Sowas brauchen wir auch in links.
00:36:29: Und einerseits, ich verstehe komplett den Wunsch danach, ich verspüre ihn ja teilweise auch und gleichzeitig weiß ich aber auch, dass wir gar nicht auf diese Menge an Ressourcen zurückgreifen können, also geldmäßig.
00:36:44: Dahinter stehen nämlich reiche GeldgeberInnen, die wahnsinnig viel da reinpumpen und auch ein Verständnis von Rechten, die am viel früher verstanden, wozu die sozialen Medien eigentlich richtig gut sind.
00:36:58: Was ich glaube, was wir dagegen halten können, ist eben, dass wir immer noch viel, viel mehr sind.
00:37:07: Und dass jetzt die Zeit, wo man sich zurücklehnen kann, so wie wir das Privileg hatten, es irgendwie in den Neunzigern und Zweitausendern zu machen, dass es das nicht mehr gibt.
00:37:18: Und dass wir jetzt eben... Ich finde das auch so ein bisschen traurig, aber junge Menschen jetzt müssen sich viel, viel mehr für ihre werte, demokratischen Werte für feministische Dinge einsetzen, als wir das damals dachten, dass wir es mussten.
00:37:33: Leider haben wir es ja auf gut Deutsch verkackt und deswegen sitzen wir ja hier.
00:37:38: Aber wir können uns einfach nicht mehr erlauben, zu sagen, ja, das wird schon.
00:37:43: Also, das ist eines meiner, ja ... schlagenden Dinge in meinem Kopf, die mir irgendwann so klar geworden ist, das wäre den Anfängen, das ist vorbei.
00:37:54: Wir sind im Mittelteil und schweigen ist Zustimmung.
00:38:01: Und da muss eben jede Person irgendwie auch schauen nach Mittel und Wegen, wie sie daraus auch etwas ableiten kann für ihren Alltag, weil es ist uns ja nicht allen gleichgegeben.
00:38:13: Also ich werde dann manchmal gefragt, warum ich nicht in die Politik gehe.
00:38:17: Ich wäre eine grottenschlechte Politikerin.
00:38:19: Also wirklich.
00:38:21: Das ist nicht meine Stärke.
00:38:25: Was kann ich?
00:38:27: Was kann die Person neben mir, mein Nachbar, mein Nachbarin tun?
00:38:31: Sei es Ehrenamt in sozialen Dingen, weil auch das Ehrenamtspositionen sind super schwer zu vergeben, sind hauptsächlich irgendwie immer noch nicht zismähnliche Personen, die kostenlose Arbeit machen.
00:38:48: Wir brauchen mehr gute, stabile Männer in Ehrenamtspositionen.
00:38:52: und ja.
00:38:54: Eigentlich ist ... Das ist jetzt so wie so ein ... Wie nennt man das auf Deutsch?
00:39:01: Nicht ein Call to Arms, aber ...
00:39:03: Ein Appell oder ein
00:39:04: ... Ja, wie sie würde ... Genau.
00:39:06: Ja, ein ... Ein Appell, aber nicht natürlich nicht an die Waffen.
00:39:13: Die Mistgabeln aus.
00:39:15: Ja, obwohl, da sind wir wieder bei der Hexen vom Kleinen.
00:39:17: Ich weiß nicht.
00:39:21: Hast du denn das Gefühl ... Also ich habe leider manchmal die Sorge bei Büchern wie dein, dass es Menschen natürlich in der Hauptsache lesen, die sich ohnehin mit diesen Themen beschäftigen und die da auch sehr offen sind.
00:39:33: Was ja auch gut ist, ich will das jetzt gar nicht schlecht drehen, aber man wünscht sich natürlich immer, dass ja auch andere sich mal damit auseinandersetzen.
00:39:39: Hast du das Gefühl, vielleicht auch jetzt gerade in Lesungen und auch so die Erfahrungen aus deinem ersten Buch, gibt es da eine Chance, also dass man dann auch ins Gespräch kommt mit Menschen, die sich vielleicht vorher entweder noch gar nicht damit auseinandergesetzt haben oder, sagen wir mal, an einem anderen Punkt stehen in der Debatte.
00:39:58: Kleine Werbeunterbrechung in eigener Sache.
00:40:00: Hier ist Sarah Brassack, stellvertretende Chefredakteurin des Kölner Stadtanzeiger.
00:40:03: Wir berichten in der gedruckten Ausgabe oder im E-Paper des Kölner Stadtanzeiger sowie auf ksda.de täglich intensiv über alles Wichtige, was in Köln passiert.
00:40:14: Aber natürlich auch in der Region, Deutschland und der Welt.
00:40:18: Dieser Podcast ist für Sie kostenfrei hörbar.
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00:40:25: Alle Infos dazu finden Sie unter ksda.de-Abo oder für das rein digitale Abonnement unter ksda.de-plus.
00:40:35: Und jetzt geht's weiter mit dem Podcast.
00:40:39: Also ich gebe dir komplett recht, dass der Kreis der Menschen, die zu einem feministischen Sachbuch, was über vierhundert Seiten lang ist, greifen und sagen, das gebe ich mir jetzt, nicht so so groß ist.
00:40:54: Andererseits, das klingt jetzt auch, es würde ich angeben, aber das Buch ist jetzt, glaube ich, die sechzehnte Woche draußen und in der sechzehnten Woche auf der Bestsellerliste.
00:41:03: Also so klein ist die Menge der Menschen dann auch wieder nicht.
00:41:08: gibt mir tatsächlich Hoffnung, weil ich auch viel Feedback kriege von Leuten, die sagen, so die üblichen Verdächtigen haben es gekauft, gelesen und dann dem Vater zu lesen gegeben.
00:41:22: Oder dem Ehemann, dem Bruder, den Söhnen und so weiter.
00:41:27: Und ich habe das beim ersten Buch gemerkt, das hat ziemlich lange gedauert, aber irgendwann war auch tatsächlich mit wegen durch die Corona-Pandemie und so eine gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung für diese Thematik, die Themen, die ich in dem Buch beschrieben hatte, komplett losgelöst von meinem Buch tatsächlich in der öffentlichen Debatte.
00:41:51: Also es gab Berichterstattung von Medien, wo ich mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, dass da keine Leserinnen von feministischen Büchern dabei im Redaktionsraum saßen, die sich aber mit den Inhalten auf ihre Art und Weise beschäftigt haben.
00:42:09: Und ich habe so ein bisschen die Hoffnung, dass das jetzt auch so funktioniert.
00:42:13: Also es muss nicht jede Person dieses Buch gelesen haben, wenn natürlich schön mir das so wäre.
00:42:19: Aber was ich glaube, ist, dass diese Thematiken gerade so Anfälligkeit für rechte Propaganda und wie lerne ich das zu entschlüsseln.
00:42:28: Auch etwas ist, was komplett außerhalb beispielsweise eines feministischen Diskurses funktionieren kann und Wichtigkeit haben kann.
00:42:35: Deswegen würde ich sagen, das ist einfach ein Schritt in die Tür und dann verselbstigen.
00:42:41: Das ist ja auch das Schöne an Bücher schreiben.
00:42:43: Das ist ein bisschen wie ein Kind, das irgendwann aus dem Haus geht und sein eigenes Leben lebt.
00:42:49: Und das ist eigentlich das größte.
00:42:51: Geschenk auch für eine Autorin, dass sich diese Themen verselbstständigen und dann plötzlich Wege in Bereiche finden, mit denen ich nie zu tun habe.
00:43:01: Ich musste gerade darüber nachdenken, weil du gesagt hast, dass junge Leute, das stimmt ja auch in vielen... Dinge da schon völlig anders über diese Themen, über feministische Themen, über bestimmte Begrifflichkeiten, über Sexualität sprechen, was ich auch super finde und da lerne ich auch viel.
00:43:17: Auf der anderen Seite sehen wir natürlich so Entwicklungen.
00:43:23: Ich denke jetzt an zwei Sachen.
00:43:24: Zum einen an dieses ganze Themenfeld.
00:43:28: Aussehen, Skinny Talk, Schlank sein, Body Positivity oder Neutrality ist irgendwie immer das Gefühl ist tot.
00:43:37: Der setzt natürlich gerade eben auch junge Mädchen massiv unter Druck.
00:43:41: Und das andere ist dieses, da muss dich dran denken, weil du ja auch den Podcast machst mit Annika Brocksch mit Feministin Shelf Control und eher ... ist da ein bisschen gekommen seit von dieser Idee, diese New Romance Young Adult Bücher zu lesen, die ja auch Rollenbilder, ich hab mal auch zwei oder drei gelesen, weil ich wissen wollte, worum es geht, ich hab's schwer ertragen, die ja wahnsinnige Verkaufszahlen haben in so einer jungen Zielgruppe, gerade eben bei Frauen und die so Rollenbilder vertreten, wo ich wirklich dachte, ich möchte die gerne nehmen und die irgendwie so schütteln und sagen, ihr les das nicht, was ich ... geht ja nicht, aber ... Also, wie passt das zusammen?
00:44:18: Diese Erkenntnis, was ja stimmt, dass da ganz viel auch in Bewegung ist und sich auch positiv verändert.
00:44:24: Und auf der anderen
00:44:25: Seite,
00:44:26: die aber auch wieder ganz massiv und eben gerade die jungen Frauen von diesen Rollenbildern, die natürlich von Patricia hat geprägt, sind in Beschlag genommen und massiv beeinflusst werden.
00:44:38: Es ist eine komplizierte Gemengenlage, ja.
00:44:41: Und es ist ... wie immer in der Geschichte so, dass viele Sachen gleichzeitig passieren und wir eben nicht diesen linearen Fortschritt in die eine Richtung haben.
00:44:50: Und wenn ich eben von sehr progressiven Anfang zwanzigjährigen der Queer and Community gesprochen habe, dann ist das immer noch eine Minderheit.
00:45:01: Also was wir ja sehen ist, dass die Einstellung in der Generation der jungen Menschen anhand der binären Geschlechterlinie entlang, dass sich da eine große Kluft auftut.
00:45:13: Also es gibt einen großen Graben, der selten größer war.
00:45:18: Es gab schon mal diese Gräben, aber wir erleben das gerade in vielen europäischen Ländern, in den USA und selbst in feministischen Gesellschaften, in Skandinavien so, dass junge Männer immer Rechter werden und junge Frauen immer progressiver werden.
00:45:39: Und diese Kluft, die birgt natürlich großes gesellschaftliches Potenzial für geschlechter Kampf, für eine eskalierende Gesamtsituation und ist für die Politik extrem schwer, das irgendwie auch einzufangen und wieder so ein Konsens da reinzubringen.
00:46:02: das eine.
00:46:04: Und das andere ist, dass wir natürlich Menschen haben, die sich in ihrer Biografie also komplett für diese Dinge einsetzen und dem Fortschritt zugewandt sind.
00:46:14: und das alles existiert irgendwie gleichzeitig.
00:46:17: Und ich glaube, dass der, also ich sehe beispielsweise den Erfolg von Romance einerseits extrem positiv, weil junge Leute Lesen wieder vermehrt Bücher, das war auch lange Zeit, nicht so.
00:46:34: Und ich finde auch im Prinzip an, wir lassen uns fallen aus Unterhaltungszwecken in eine Geschichte, die mit Stereotypen und Rollen funktioniert, die wir kennen.
00:46:47: in denen wir wissen, was irgendwie zu erwarten ist.
00:46:50: Und das kann ja auch so ein wohliger Eskapismus sein.
00:46:54: Also das verstehe ich, dieses Bedürfnis danach.
00:46:57: Und ich möchte das auch keiner Person irgendwie streitig machen oder in Abrede stellen, weil ich glaube, das erfüllt gerade in so komplizierten Zeiten wie jetzt.
00:47:06: auch so eine Funktion des Rückzugs.
00:47:08: Und das ist auch wichtig für die mentale Gesundheit, wenn man irgendwie weiß, okay, man liest jetzt tausend Seiten, in denen sie The One findet.
00:47:16: Und was halt problematisch ist, aber das sind zum Beispiel auch Werke, die zum Glück auf Deutsch gar nicht erscheinen, ist diese Dark Romance, wenn dann so Rape Phantasien zum Tragen kommen, nicht?
00:47:26: Also sowas haben wir im Podcast auch gelesen, aber auch immer klar gesagt, also deutsche Verlage bringen sowas nicht raus.
00:47:33: Und das ist auch was, wo ich sagen würde, das muss wirklich kein Mensch mehr lesen, weil das ist schädlich.
00:47:38: Und ich glaube, dass viele Romance-Novel-Leserinnen tatsächlich in der Lage sind, zu differenzieren zwischen ihrem Bedürfnis nach wohligem Paradies und ich weiß wie der Mann funktioniert und es ist ein starker Alpha und so und der Realität.
00:47:53: Das erleben wir ja auch, weil uns viele Leser ihnen schreiben und sagen, obwohl ich super gerne Romance Level lese, höre ich gerne euren Podcast und kann mit euch über diese ganzen Tropes auch lachen und es tut auch gut zu hören, wie das dekonstruiert wird und gleichzeitig tut es mir aber auch gut, das zu lesen.
00:48:08: Also es kann auch gleichzeitig existieren.
00:48:12: Okay, das beruhigt mich ein bisschen.
00:48:13: Weil ich bin da oft so, auch bei dieser, wie heißt das jetzt, diese Max & Hall-Vorlage, Save Me oder Us oder wie auch immer, das habe ich dann zum Beispiel mal gelesen, hab gesagt, ich fand es einfach so dumm, weil ich dann auch dachte, es sind ja immer diese Typen, die sich dann irgendwie so VR-Schlöcher benehmen und aber eigentlich sind es natürlich die geschundenen Seelen und ich denke immer so, nein, Typen, die sich VR-Schlöcher benehmen, sind halt in der Regel einfach.
00:48:35: Ja,
00:48:36: aber guck mal, das erfüllt die gleiche Funktion wie so Rosamunde Pichha oder so.
00:48:41: Das sind wohlfühl Orte, die gerade in Zeiten des gesellschaftlichen Umschwungs umso wichtiger sind, weil die Leute dann wissen, was sie daran haben oder so eine Folge Bergdoktor oder so.
00:48:51: Da wird auch nicht das Rad neu erfunden.
00:48:53: Das ist jetzt keine große kulturelle Qualität, aber das funktioniert als Ort, der einem Halt gibt, weil man das kennt.
00:49:01: Und selbst wenn diese Tropen und diese Rollen, die dann da beschrieben wird, irgendwie patriarchal erzählt sind, glaube ich, können das sehr viele Menschen konsumieren, ohne zu wissen, dass das die reale Welt ist.
00:49:14: Also du meinst, es geht beides.
00:49:15: Man kann sowas lesen.
00:49:17: Gut, das wird doch auch vielleicht viele ein bisschen beruhigen.
00:49:20: Und weil ich das eben auch angesprochen hatte, dieses ganze Thema Aussehen, Körper.
00:49:26: Ich meine, du hast eine Tochter, du hast dir auch eben erwähnt, die kommt dann jetzt langsam in dieses Alter, wo das natürlich ein riesen Thema ist.
00:49:32: Und ich immer denke, also wenn ich mir diesen Druck vorstelle, dem die da ausgesetzt sind.
00:49:38: Und ich ihm das Gefühl habe, dass so viel, was da war rund um dieses ganze Thema Body Positivity, dass das wieder so verloren geht, was natürlich auch.
00:49:49: Also können wir es auch noch zwei Stunden über Osempik und all diese Dinge reden.
00:49:52: Aber wie ... Blickst du darauf, vielleicht auch im Hinblick auf deine Tochter?
00:50:01: Viele glauben mir dann, das sind Trends, dann ist man mal wieder schlanker und dann findet man es mal wieder schöner, wenn man ein paar Kilo mehr hat.
00:50:08: Das hat doch jetzt nichts mit Patriarchat oder irgendwelchen Strukturen zu tun, das stimmt natürlich nicht.
00:50:14: Nee, das stimmt nicht.
00:50:17: Simone de Beauvoir war einer der Ersten, die gesagt hat, dass je mehr Frauen bewegten.
00:50:27: Später hat man das dann feministischen Fortschritt, es in einer Gesellschaft gibt.
00:50:32: Desto, regider oder strenger wird die Rolle von Weiblichkeit.
00:50:39: dann plötzlich äußert sich.
00:50:42: Und zwar war das in ihrer Generation und davor hauptsächlich auf dem, ich sage jetzt mal, Schlachtfeldmode und gleichzeitig Rollenerwartung, was Domistizität und Haushalt angeht.
00:50:57: Und dann hat später die US-amerikanische Autorin Naomi Wolff in The Beauty Myth, ich glaube, das heißt auf Deutsch Schönheits... der Schönheitsmythos oder so.
00:51:10: Also nageln mich jetzt nicht genau auf den deutschen Titel fest, aber auf jeden Fall im englischen The Beauty Myth eben beschrieben, dass sich dieser Mechanismus auch auf Körper überträgt.
00:51:21: und sie konnte halt zeigen, dass beispielsweise der Feminismus der zweiten feministischen Welle dazu geführt hat, dass dann plötzlich so ein Model wie Twiggy,
00:51:36: die
00:51:36: einfach sehr petit und klein und Twiggy, also wie ein kleines Zweiglein daherkam, die Funktion erfüllt hat, Weiblichkeit eben als Ich sag jetzt mal ausgehungerte Frau.
00:51:52: Ich glaube tatsächlich nicht, dass Twiggy die Frau als Person tatsächlich ausgehungert war, weil es gibt auch Frauen, die diesen Körpertyp haben.
00:52:01: Aber es war in Mode eben so... Klein und zerbrechlich auszusehen, um eben zu signalisieren, von mir geht keine Gefahr aus.
00:52:10: Und Naomi Wolf, die, das muss ich auch festhalten, eine äußerst streitbare Person ist, da sie mittlerweile komplett abgedriftet ist in rechte Verschwörungsmythen und auch schon damals in The Beauty Myth tatsächlich mit entweder falsch Verstandenen oder für ihre eigenen Zwecke getunten Statistiken gearbeitet hat, zu Thema Anorexie, um eben dieses Thema von, wie Frauen sich selbst runter hungern, als ein gesellschaftlich noch sehr viel größeres Thema zu platzieren, sehr erfolgreich, als es eigentlich war.
00:52:51: Das soll aber nicht heißen, dass das alles Quatsch ist.
00:52:53: Es gibt einen Zusammenhang zwischen patriarchalen Backlash und Körpergröße und das, was Mode ist.
00:53:01: Man muss aber gleichzeitig auch festhalten, dass das, was Mode ist und welche Frauen überhaupt daran teilnehmen können, daran den eigenen Körper zu verändern, nicht sehr, sehr, sehr groß ist.
00:53:18: Also um beispielsweise Osempik zu bekommen, das ist sau teuer.
00:53:26: Oder davor war es der Brazilian Butt Lift oder ein Mami-Tuck, also quasi nach der Geburt den veränderten Körper der Mutter wieder zurückzuführen, den Anführungszeichen auf den Ausgang.
00:53:37: Das sind alles unfassbar teure Operationen.
00:53:41: Und es wird aber auch so ein bisschen so getan, als sei die formbare Masse der Frauen, als seien alle Frauen erst mal bereit, ihren Körper so zu formen und als sei das ein großes gesellschaftliches Problem.
00:53:52: Auch das finde ich medial ein bisschen aufgebaut.
00:53:55: Aber was real ist, ist der Druck, der gerade in den sozialen Medien vorher in unserer Generation war es dann so die In-Touch und diese ganzen Glamour-Magazine und so, der da aufgebaut wird, der ist total real.
00:54:09: Und auch diese kleinen Tweaks und Schönheitseingriffe, die uns jetzt präsentiert werden als feministische Errungenschaft.
00:54:18: Also du kannst selbst bestimmt über dein Aussehen bestimmen und das ist ganz toll.
00:54:24: Da ist ja auch viel schönes dran.
00:54:27: Gleichzeitig finde ich es wichtig eben nicht auf die einzelne Person zu schauen und an der herum zu mäkeln, sondern das gesamtgesellschaftlich zu betrachten.
00:54:38: Denn wer bin ich?
00:54:39: Also ich sag jetzt mal, ich bin... Ich bin schlank, ich bin relativ normschön, ich bin weiß, ich bin mit meinem Aussehen tatsächlich recht zufrieden.
00:54:52: Und wer bin ich, dass ich dann auf so einem hohen Ross sitze und sage, das ist alles antifeministisch und keine Frau sollte das machen und wir müssen alle irgendwie natürlich altern.
00:55:01: Ja, wenn man das Privileg hat irgendwie... natürlich altern zu können und dabei in den Spiegel zu schauen und sagen, ja, die Gesellschaft sieht mich immer noch als irgendwie schöne Frau, dann lässt sich das sehr leicht daher sagen.
00:55:14: Aber auch das können nicht alle Menschen.
00:55:15: Deswegen kann ich mir über einzelne Personen gar keinen Urteil erlauben.
00:55:19: Aber ich stelle natürlich schon fest, dass der Druck auf Personen in den sozialen Medien enorm zunimmt und ich teile da auch deine Sorge.
00:55:27: Ich glaube, dass das noch mal eine ganz andere Nummer ist als bei uns die Intouch oder das, wie hießen sie denn alle diese Zeitschriften, die wir dann gelesen haben und dann die Cellulite von irgendwelchen Promis analysiert wurde und wer hat wieder ein Kilo mehr?
00:55:46: und ja, also das ist das aber noch mal extrem verstärkt.
00:55:53: Ja, ich weiß gar nicht, ob es die noch gibt, aber es gab früher immer die bunte Waage, das weiß ich noch.
00:55:57: Da wurden immer so Fotos gezeigt von meistens natürlich Frauen und dann entweder keine Ahnung, fünf Kilo mehr oder vier Kilo weniger oder so.
00:56:07: Hab ich ehrlich gesagt, früher, wenn ich die mal irgendwo in den Fingern hatte, fand ich auch nicht so besonders, also fand ich immer schon irgendwie komisch, aber hab ich jetzt auch nie so richtig in Frage gestellt, also auch das wieder so was, was man so merkt.
00:56:18: Ja, interessant.
00:56:21: Wie sich das so verändert hat.
00:56:22: Ich fand das, find das aber, das hast du auch in einem Interview gesagt, weil ich das eben, das mag ich auch an deinem Buch generell, weil du eben überhaupt nicht so, was ja dann viele auch völlig zu unrecht, finde ich, Feministinnen unterstellen.
00:56:34: Ja, die sind eben hohes Ross und wir gucken so runter und sagen, ihr müsst jetzt mal so machen.
00:56:38: Fand ich auch bei diesem Körperthema so interessant, dass du sagst, Stichwort Beine rasieren oder Achseln rasieren.
00:56:44: Das, bei mir ist das so, ich... Erga mich über mich selber, weil ich dann denke, das ist ja einfach mein Körper.
00:56:50: Also warum finde ich das doof?
00:56:52: Aber ich würde jetzt niemals mit nicht rasierten Beinen zu irgendeinem Event gehen.
00:56:57: Und dann hast du aber in einem Interview, glaub ich, dann gehört hast du, dann erzählt, dass du, ich glaube, der Türkei oder sowas im Event war.
00:57:03: Und dann irgendwie, obwohl es warm war, die ganze Zeit die Jacke angelassen hast, weil du die Axel nicht rasiert hattest und dachte so Gott, irgendwie passe ich hier nicht hin.
00:57:10: Also... So ganz los wird man es dann irgendwie eben doch nicht.
00:57:14: Ja genau, ich habe mich halt irgendwann entschieden, ich rasier weder Beine noch Achseln, weil einerseits, weil ich dachte, okay, ich kann es mir tatsächlich leisten, weil ich sonst eben nicht auffalle.
00:57:27: Also das ist auch was, wenn ich andere... körperlichen Auffälligkeiten hätte, wäre ich beispielsweise dick oder nicht weiß oder nicht normschön, dann wäre das ein anderer Preis, den ich dafür zahlen muss.
00:57:44: Für mich ist das so relativ.
00:57:48: Kostenfrei.
00:57:49: Das ist so, wie wenn sich Männer die Nadel lackieren.
00:57:52: Ungefähr den gleichen Stellenwert hat das.
00:57:58: Es ist kein großer Preis, den ich dafür zahle, wenn ich das einfach stehen lasse.
00:58:03: Gleichzeitig.
00:58:05: Und ich habe mich jetzt auch komplett so dran gewöhnt.
00:58:08: Und meine Tochter kommt jetzt auch in das Alter, wo das für sie auch irgendwie wichtig ist, zu sehen, okay.
00:58:15: Meine Mutter hat das, das ist ganz normal, andere haben das nicht, auch das ist ganz normal.
00:58:18: Das ist mir da auch wichtig, dass wir da nicht irgendwie wieder so eine Hierarchie aufbauen, sondern einfach so, die einen machen das so, die anderen machen das so.
00:58:24: Und du kannst es irgendwann selbst entscheiden.
00:58:25: Und das Gute mit der Haare ist ja auch, dass die nachwachsen, selbst wenn man sich dafür entscheidet.
00:58:31: Das war das eine Anliege.
00:58:32: Und dann stelle ich aber fest, dass je nach Kontext, also wenn ich mich irgendwie in den Ehrenfeld bewege, kräter kein Haar nach.
00:58:39: Aber wenn ich auf einen Empfang im Generalkonsulat in der Türkei eingeladen bin und ich dann plötzlich denke so, okay, meine Axelhaare stechen hier gerade wirklich, also ich hatte das Gefühl, wie so ein Tatütata auf dem Kopf zu haben.
00:58:57: Und dann bin ich dann doch nicht die, also ich habe auch nicht jeden Tag irgendwie Bock.
00:59:02: so einen feministischen Kampf dann zu führen und mich dann auf so ein Präsentierteller zu sehen.
00:59:08: Ja, dann habe ich halt das Jackett die ganze Zeit angelassen und dachte
00:59:11: aber auch so,
00:59:12: boah, wie armselig bist du eigentlich, weil der Preis wird auch nicht so groß gewesen.
00:59:17: Aber an dem Tag konnte ich das nicht.
00:59:19: Vielleicht hätte ich das eine Woche später gekonnt.
00:59:22: Und auch das ist okay.
00:59:23: Also da bin ich auch mit mir selbst gnädig.
00:59:24: Ich habe mich dann zwar geärgert über mich selbst und dachte auf der anderen Seite, ja.
00:59:30: Ich finde, ein bisschen Nachsicht darf man dann auch mal mit sich haben.
00:59:33: Ja, ich plädiere sowieso damit, dass alle Leute auch gnädiger mit sich selbst, also nicht im Sinne von sich alles durchgehen lassen.
00:59:41: Das finde ich auch nicht in Ordnung.
00:59:42: Aber man muss einfach auch mit seinen Kräften haushalten.
00:59:47: Ich habe noch unendlich viele Themen hier auf dem Zettel.
00:59:50: Wir reden aber schon seit einer Stunde.
00:59:51: Das heißt, ich muss ein paar einfach, glaube ich, auslassen und die Hörerinnen müssen dann einfach dein Buch lesen.
00:59:58: Da können sie das dann nämlich alles nochmal sich natürlich auch sehr viel vertieft anschauen.
01:00:03: Ich würde aber gerne nochmal einmal, weil mich das auch so beschäftigt hat.
01:00:07: würde ich mit dir gerne über diesen Themenkomplex Tilo Mischke und TTT reden, weil ich, das war ja kurz vor Weihnachten vergangenes Jahr und ihr habt in eurem Podcast, ich glaube zwei Stunden oder so, ich weiß es, oder zweieinhalb Stunden darüber gesprochen.
01:00:25: Also für alle, die es nicht wissen, sage ich nochmal kurz, Tilo Mischke sollte Moderator von TTT werden und... Dann, ich habe vor allem ihr eben öffentlich gemacht, welche frauenfeindlichen Äußerungen der in der Vergangenheit getätigt hat und habe die sehr genau auseinandergenommen in diesem Podcast.
01:00:48: Ich frag mich zumal, wie blickst du da jetzt im Nachhinein drauf?
01:00:50: Weil er ist es ja nicht geworden, der Moderator.
01:00:52: Und ehrlich gesagt, ich hätte relativ viel Geld darauf erwartet, dass die an dem festhalten.
01:00:56: Weil das bisher eigentlich immer so war in solchen Fällen.
01:00:59: Wenn du da jetzt drauf guckst, denkst du, aha, dass irgendwie Sieg errungen oder denkst du, eigentlich gab es doch schon gar nichts mehr zu erringen, weil das am Anfang schon so entschieden worden ist, dass er das sein soll.
01:01:10: Es
01:01:13: ist ein zweischneidiges Schwert.
01:01:15: Also... vielleicht nochmal kurz, es war ein Tag vor Weihnachten und er war seit ein paar Tagen angekündigt worden und in unseren Journalistinnenkreisen, auch gerade unter Kulturjournalistinnen, herrschte eine gewisse Fassungslosigkeit und sehr viele Menschen hatten dann schon wahnsinnig viel recherchiert.
01:01:40: und dann haben wir spontan morgens entschieden, viele von unseren Bekanntinnen anzufragen, ob sie quasi einen Statement dazu geben wollen.
01:01:50: und wir haben uns dann den Großteil der Recherche, der wirklich von ganz vielen Schultern getragen wurde.
01:01:57: Zusammengetragen haben dann von sechzehn und das waren nicht nur Frauen, sondern auch Männer.
01:02:03: Sechzehn von unseren Bekannten dann noch Sprachmimoskurze dazwischen geschnitten und haben dann ja sein Werk einfach nur mal... angeschaut und geschaut was aus welchen Gründen problematisch ist.
01:02:20: und wir haben überhaupt nicht.
01:02:21: also ich habe das die ganze nacht.
01:02:23: also wir haben abends dieses aufgenommen und ich habe das die ganze nacht geschnitten und bin um fünf ins bett gegangen also fünf um morgens und um elf klingelten dann schon die ersten Ich sag jetzt mal, Leitmedien und wollten Interviews oder Texte haben und dann war das irgendwie so über Nacht explodiert und das ging dann über Wochen weiter und die ARD höhlte sich in Schweigen.
01:02:49: Und wir haben extrem viel Zuspruch bekommen,
01:02:56: auch aus
01:03:00: Kulturedaktionen und so, aber so richtig Öffentlich hat, außer uns, wir sind vier freie Journalistinnen gewesen.
01:03:08: Das muss man auch sagen.
01:03:09: Also es war Anika Brockschmidt, Anja Rützel und Isabel Kalldehardt.
01:03:15: Und wir sind alle frei.
01:03:17: Wir sind nicht an eine Redaktion angeschlossen und wir haben das gemacht, weil wir einfach so ein bisschen ... Er ist überrascht und dann fassungslos waren über diese Wahl und einfach eine Erklärung haben wollten von der ARD.
01:03:31: Die kamen dann über Wochen nicht und erst irgendwann im Januar haben sie dann für uns quasi wie Kai aus der Kiste, kam dann so, ja, der Diskurs sei soweit vergiftet worden, dass keine konstruktive Debatte mehr möglich sei und man habe sich deswegen entschieden, von ihm als Personalier abzusehen.
01:03:53: Und die Art und Weise, wie das kommuniziert wurde, war die sind schuld.
01:03:58: Und das ist auch das, was dann einige Herren und Frauen in diversen Medien gemacht haben.
01:04:06: Uns wurde dann unterstellt, wir hatten eine Hexenverfolgung gemacht und da war ... Der deutsche Philosoph Reufer im Eilenberger hat von einem Todesmarsch gesprochen, auf den die ARD Tilumischke geschickt hätte und wir seinen Hysterikerinnen gewesen.
01:04:24: Also wir haben dafür sehr viel auch einstecken müssen über mehrere Wochen hinweg.
01:04:29: Denke ich am Ende, dass es das alles wert war.
01:04:32: Ich weiß es ganz ehrlich gesagt nicht.
01:04:35: Ich habe da, also mich hat das schlaflose Nächte gekostet.
01:04:38: Das war während ich noch an dem Buch geschrieben habe.
01:04:44: Und es ging auf die Deadline zu und ich musste mich eigentlich hundert Prozent auf das Buch konzentrieren, musste aber eigentlich die ganze Zeit nur irgendwie mich mit Tilomische und TTT beschäftigen.
01:04:54: Und uns ging es nie um ihn als Person.
01:04:58: Also uns ging es auch nie darum, irgend einen Mann fertig zu machen, haben wir nicht.
01:05:02: Wir haben uns mit seinem Werk auseinandergesetzt und ja, wir haben dabei auch gelacht, weil teilweise die Dinge völlig absurde waren und weil wir ohnehin einfach gerne Spaß dabei haben, wenn wir uns mit schlimmen Dingen beschäftigen.
01:05:15: Und daraus wurde uns aber wirklich so ein misogynner Strick gedreht.
01:05:18: Und andererseits war ich auch fasziniert, weil eigentlich mir dann am eigenen Leib das passiert ist, worüber ich auch im Buch geschrieben habe.
01:05:24: Also so ein gewisses, so ein soziologisches Interesse an dem Ganzen hatte ich ja auch.
01:05:31: Ich finde ... Das, was für mich irgendwie hängen bleibt und was für mich tatsächlich ein Einschnitt ist, ist, dass ich so ein bisschen meinen Vertrauen... in die ARD
01:05:43: verloren
01:05:44: habe, darin, wie Entscheidungen getroffen werden, wie das kommuniziert wird.
01:05:48: Man hätte das auch alles anders haben können.
01:05:50: Und die Tatsache, dass im Deutschlandfunk dann nämlich ein halbes Jahr später nachgefasst wurde, weil wir haben beispielsweise auch Christine Strobel dann in unseren Podcast eingeladen, nachdem sie uns ja vorgeworfen hat, die Debatte vergiftet zu haben.
01:06:03: Das hat Wochen gedauert und dann haben wir eine Absage bekommen.
01:06:07: Der Deutschlandfunk hat da nochmal nachgefasst und die wollten ja eine interne Aufarbeitung machen und diese interne Aufarbeitung hat nicht stattgefunden.
01:06:15: Man hat davon abgesehen.
01:06:17: Ich glaube, das ist jetzt Zitat aus meinem Gedächtnis.
01:06:19: Also weiß nicht, ob das Wort für Wort genauso war, weil... Man nicht wusste, was dabei herauskommen würde und man nicht noch mehr Menschen zur Zielscheibe machen wollte.
01:06:31: Und das hat für mich nichts mit journalistischer Transparenz zu tun und ich finde gerade öffentlich-rechtliche Medien schulden uns das auch.
01:06:39: Also da bin ich tatsächlich... ein Stück weit disillusioniert worden.
01:06:44: Ich bin immer noch große Befürworterin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und ich liebe das Programm und ich arbeite auch wahnsinnig gerne für diese Sender.
01:06:54: Aber in dem Punkt, gerade in den Führungsposition muss ich sagen, da bin ich einfach nachhaltig enttäuscht worden.
01:07:02: Und ist ja auch interessant, also das dann Hysterie ist ja dann oft der Vorwurf.
01:07:08: Also Frauen, die dann irgendwie was sagen und laut werden, sind ja dann sehr oft hysterisch, was ja ein extrem problematischer Begriff ist.
01:07:16: Es mich dann auch wieder so ärgert, weil ich denke, ich fällt wirklich nichts Besseres ein, als das als Argument zu bringen.
01:07:21: Oder auch es sei unmöglich, uns zuzuhören, weil wir so viel gegackert und gelacht hätten und unsere Stimmen seien so schrill.
01:07:28: Also da war wirklich die ganze Misogynepalette dabei.
01:07:32: Aber interessant für mich war auch, dass sich inhaltlich mit unserer Kritik erstaunlich wenig auseinandergesetzt wurde.
01:07:38: Man versteift sich dann auf die Form, weil das ... Einfach ist, weil immer, wenn sich Frauen zusammentun und gemeinsam was planen, dann haben wir das schon.
01:07:49: Diese Hüllen, die sich jetzt auf diesen armen Mann stützen, das schreibt sich ja auch wie von alleine.
01:07:55: Das ist auch das, das ist diese patriarchalen Narrative, die so tief in uns stecken, dass ich glaube, dass einzelne Journalistinnen gar nicht gemerkt haben, worauf sie da gerade reinfallen, als sie das geschrieben haben.
01:08:06: Ja, aber es ist auch lustig, dass du das, weil das stimmt, dass du gerade gesagt hast, du hast quasi dann in dem Moment, also in der Endphase des Schreibens, deines Buches irgendwie nochmal am eigenen Live ja dann wirklich erfahren, welche Auswirkungen das hat, was du da beschrieben und recherchiert hast.
01:08:22: Hast du denn das Gefühl, dass dann...
01:08:24: Ich hab da noch ein Buch Rache geübt.
01:08:25: In einzelnen Fußnoten hab ich mir dann so diese ... Nee, aber das war da auch so ein Form von so einem Coping-Mechanismus.
01:08:36: Aber hast du für dich jetzt auch so nach dem Schreiben nach Beendigung ... Hast du das Gefühl, du bist in solchen Debatten, in solchen Situationen gefestigter als vorher?
01:08:46: Du hast ja eben beschrieben nach dem ersten Buch, du hast ja manchmal da gesessen, wenn Leute gefragt haben, ja aber warum, dass du gemerkt hast, ja, wie soll ich das jetzt?
01:08:54: Hat sich da auch für dich ganz persönlich was geändert?
01:08:56: Ja, klar.
01:08:57: Also ich lerne tatsächlich komplett jeden Tag Neues dazu.
01:09:03: Ich lerne auch für mich total neu und erstaunlich das, weil ich finde, Ich kann mutig schreiben, aber wenn ich jemandem gegenüber sitze, dann bin ich manchmal sehr klein laut und sag dann doch nicht genau das, was ich denke.
01:09:16: Und jetzt habe ich das ein paar Mal versucht und auch gemacht und lerne, dass das auch geht, dass ich das auch kann.
01:09:23: Und ich lerne auch Diskussionen mit Menschen, die anderer Meinung sind, als ich, so zu führen, dass es eben nicht ein Austausch oder wie nennt man das, ein Ausschlag, nein, ein Schlag.
01:09:40: Ein Schlagabtasch von Argumenten ist, sondern sich auch in andere Personen ein bisschen reinzufühlen und sich entgegenzukommen.
01:09:52: Das sind Dinge, wo ich lange Zeit nicht besonders gut drin war.
01:09:58: Ich kann allen Hörerinnen nur sehr empfehlen, dieses Buch zu lesen.
01:10:02: Das macht nämlich auch noch sehr viel Spaß.
01:10:04: Ich werde ihm jetzt die, weil ich habe nicht alle Fuß noch zu lesen.
01:10:06: Die werde ich mir jetzt nochmal raussuchen, zu diesem Fall.
01:10:08: Die werde ich dann auch nochmal nachlesen.
01:10:11: Du liest auch aus deinem Buch nochmal in Köln am
01:10:15: sechzehnneun.
01:10:17: ist allerdings leider ausverkauft, was natürlich super ist für dich.
01:10:20: Schade für alle, die dich hören wollen.
01:10:22: Das heißt, wir müssen darauf hoffen, dass es vielleicht noch einen neuen Termin hier gibt.
01:10:25: Den werden wir dann auf jeden Fall öffentlich machen.
01:10:28: Ansonsten kann man in jeder Buchhandlung bitte nicht irgendwo bestellen, sondern am liebsten bitte in die Buchhandlung gehen.
01:10:33: Gerne
01:10:34: auch in unabhängige
01:10:35: Buchhandlungen.
01:10:35: Genau, am allerliebsten in unabhängige Buchhandlungen und kann deinen Buch kaufen.
01:10:39: Ich sag nochmal den Titel, Witches, Bitches, It Girls lohnt sich sehr.
01:10:43: Lieber Rebecca, schön, dass du da warst.
01:10:44: Ja, danke dir für das schöne Gespräch.
01:10:47: Vielen Dank und Ihnen sage ich vielen Dank fürs Zuhören und bis sehr bald.
01:10:52: Kritik, Feedback, auch vielleicht Vorschläge für GesprächspartnerInnen gerne an mich, an anne.burgmehr.de und die nächste Folge unseres Podcasts gibt's nächsten Donnerstag um sieben
01:11:19: Uhr.
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